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Alle Angaben ohne Gewähr!

 

Verantwortlich für den Inhalt: Tobias Zoporowski

 

Lektorat: Jost Neßhöver

 

Satz und Gestaltung: Ralph Handmann

 

Titelbild: Jörg Hajt

 

Druck und Verarbeitung: D + L Reichenberg GmbH, Bocholt

 

Printed in Germany

 

ISBN: 978-3-95843-313-7

eISBN: 978-3-95843-337-3

 

 

Inhalt

 

Einleitung – Zum Zweck dieses Buches

1 Der richtige Wagen?

2 Kosten – erschwinglich oder nicht?

3 Leben mit einem W 126

4 Relative Werte

5 Vor der ersten Inaugenscheinnahme

6 Inspektionsausrüstung

7 15-Minuten-Prüfung - Lohnt sich eine genauere Inspektion?

8 Die wichtigsten Problemzonen

9 Realistische Bewertung

10 Auktionen – ein anderer Weg zum Traumwagen

11 Papiere für eine vollständige Dokumentation

12 Wie viel ist „er“ wert?

13 Restaurieren – ja oder nein?

14 Lackprobleme

15 Konditionsprobleme

16 Wichtige Adressen und ­Ansprechpartner

17 Daten und Fakten

Einleitung – Zum Zweck dieses Buches

W 126 – Der König der Sterne 

Schon der Vorgänger der Baureihe 126, der noch stark chrombehangene W 116, schmückte sich mit dem Titel „bestes Auto der Welt“ – verliehen immerhin von der Fachpresse und zahlreichen Automobilexperten jener Jahre und kaum je in Frage gestellt. Da Fortschritt im besten Fall eine Einbahnstraße ist, sollte der 1979 vorgestellte 126er den Staffelstab nach dem Wunsch seiner Konstrukteure weitertragen. Was er auch tat. Für viele Fans ist der „Wagen 126“ auch heute noch die beste und vor allem eleganteste und stilsicherste S-Klasse, die Mercedes-Benz je auf die Räder stellte. Würdevoll, aber nicht arrogant. Staatstragend mächtig, aber niemals aufdringlich. Das ungemein stimmige und in sich ruhende Karosseriedesign, das Jahrzehnte überdauerte, ohne je altmodisch zu wirken, verantwortete niemand geringerer als der Chefstilist des Hauses, Bruno Sacco, den manche den „Meister der Zeitlosigkeit“ nennen.

Natürlich war es aber nicht nur das ausgesprochen haltbare Design, das den Erfolg des großen Sternenkreuzers aus Sindelfingen ausmachte. Das Topmodell, also neuerdings die S-Klasse, war immer schon der Technologieträger des Hauses gewesen, und für die Baureihe 126 traf das insofern ganz besonders zu, als dass hier erstmals Elektronik in nennenswertem Umfang Einzug hielt. Assistenzsysteme wie Pyrotechnische Gurtstraffer, Fahrer- (1981) und Beifahrerairbag (1987) nebst Antiblockiersystem (ABS) und Antriebsschlupfregelung (ASR) waren Anfang der Achtziger so neu wie kostspielig und erst deutlich später auch in den „kleineren“ Baureihen des Hauses verfügbar.

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Im Uhrzeigersinn: Frühe 126er erkennt man an der Riffelstruktur ihrer Seitenbeplankung. Sie haben ihren ganz eigenen Reiz. Auf 14-Zoll-Rädern und ohne rechten Außenspiegel wirkt der stattliche Wagen berückend bürgerlich.

Bild: Mercedes-Benz AG

 

Der Schöpfer und sein Werk: Chefstilist Bruno Sacco am Modell des C 126. Das majestätische Coupé gilt vielen Fans als sein größter Wurf.

Bild: Mercedes-Benz AG

 

Anfang der Achtziger war man noch mutig: An einer S-Klasse in knalligem Gelb nahm niemand Anstoß. Bild: Mercedes-Benz AG

 

 

Technik, die heute so selbstverständlich in jedes Fahrzeug gehört wie die vier Räder darunter, war damals vor allem in Hinblick auf ihre Langzeithaltbarkeit kaum einzuschätzen. Mercedes-Benz selbst empfahl anfangs den Austausch der Airbageinheiten nach 10 bis 15 Jahren. Aus Sicherheitsgründen. Später wurde die Empfehlung offiziell aufgehoben, dem Autor sind keine Fahrzeuge bekannt, bei denen die ab Werk verbauten „Schutzsäcke“ jemals ohne besonderen Anlass ersetzt wurden. Defekte an ABS- und ASR-Steuergeräten kommen im Alter vor, aber nicht in signifikanter Häufung.

Insofern vereint die S-Klasse nach Ansicht vieler Fans genau die Faktoren, die jeden Mercedes-Benz seit jeher zum Klassiker haben reifen lassen: Design „in Rufweite hinter der Mode“, Fahrsicherheit und Komfort auf der Höhe der Zeit und exzellente Verarbeitungsqualität, die viele Jahre lang „einfach funktioniert“. So ist man mit einem gepflegten W 126 auch heute noch gut angezogen – egal, ob man ihn vor dem Hotel „Vier Jahreszeiten“ in Hamburg oder auf einem x-beliebigen Discounter-Parkplatz abstellt.

Die Auswahl an Motoren, Lackierungen und Ausstattungen ist auch 24 Jahre nach Bauzeit-

ende üppig, angemessen kultiviert laufen die Benziner alle. Das Coupé ist ausschließlich mit Achtzylindermotoren zu haben, der einzige – nur für den Nordamerika-Exportmarkt angebotene – Diesel („300 SDL“) kein wirklich standesgemäßer Antrieb. Wer auf Exoten steht und die horrenden Unterhaltskosten nicht scheut (Steuer!), kann aber auch mit einem der raren Exportfahrzeuge glücklich werden.

Bevor Sie sich nun auf die Suche nach „Ihrem“ W 126 machen, sollten Sie sich darüber bewusst werden, dass eine S-Klasse niemals wirklich billig ist. Sie war es zu Beginn ihrer Ära nicht und ist es auch heute nicht. Einen W 126 in ordentlichem Zustand zu erwerben und zu erhalten, erfordert gewisse finanzielle Reserven. Hüten Sie sich vor vermeintlichen Schnäppchen aus dem Internet, problemlose 3000-Euro-S-Klassen gibt es schon lange nicht mehr! Studieren Sie diesen Ratgeber gründlich, ziehen Sie Fachliteratur zu Rate und knüpfen Sie Kontakte zur rührigen Clubszene. Mit etwas Geduld steht er dann vielleicht bald in Ihrer Garage – der König der Sterne.

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Vision und Wirklichkeit: Auf Basis der Baureihe 126 präsentierte Mercedes-Benz zur IAA 1981 das Forschungsfahrzeug „Auto 2000“, das wesentliche Designmerkmale der S-Klasse aufgriff und als Technologieträger etwa für Sicherheitskonzepte diente. So bestand der gesamte Vorderwagen aus einem speziellen von der Bayer AG entwickelten Kunststoff („Soft Nose“). Bild: Mercedes-Benz AG

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„S“ fahren in seiner schönsten Form: Das Coupé C 126 ist majestätisch und grazil zugleich. Der Überlieferung nach sollen Bruno Sacco die Kunststoff-Griffschalen unter den Türöffnern missfallen haben, die er als Stilbruch empfand.

Bild: Mercedes-Benz AG

 

 

1 Der richtige Wagen?

Alltagstauglichkeit 

Jeder Mercedes der Baureihe W 126 ist auch heute noch – regelmäßige Wartung und Pflege vorausgesetzt – bestens alltagstauglich. Mit einer kleinen Einschränkung: Die Kat-losen Varianten bekommen natürlich allesamt keine grüne Feinstaubplakette und sind somit in vielen Innenstädten nicht mehr willkommen. Da helfen nur H-Zulassung oder Nachrüstung mit einem geregelten Katalysator.

 

Platzangebot 

In allen Karosserievarianten des W 126 ist Platz genug für mindestens vier Erwachsene plus Gepäck. Auch groß gewachsene Fahrer werden kein Problem haben. Das Coupé ist ein reiner Viersitzer, für die Limousine gab es die „Coupé-Sitzanlage“ gegen Aufpreis.

 

Bedienbarkeit 

Eine Servolenkung sorgt in Verbindung mit dem großen Lenkrad im Schiffssteuerformat für sehr geringe Bedien-
kräfte. Hat man sich als Mercedes-Neuling einmal an die Fußfeststellbremse gewöhnt, gibt die Bedienung eines
W 126 keinerlei Rätsel auf. Alle Kontrollleuchten, Instrumente und Schalter sind selbsterklärend, auch in gut ausgestatteten Modellen gibt es kein Tastenchaos. Was auch der Tatsache zu verdanken ist, dass Mercedes-Benz in der S-Klasse keine „Blindschalter“ duldete – die Zahl der Bedienelemente in der Mittelkonsole entsprach exakt der georderten Ausstattung.
 

 

Kofferraum 

Die Limousine und das Coupé warten mit sehr großzügigen und gut beleuchteten Ladeabteilen auf. Allerdings gibt es keine Durchlademöglichkeit in den Innenraum.

 

Platzbedarf/Garage 

Ein W 126 ist in seiner „Normalausführung“ mit kurzem Radstand bereits ein gut fünf Meter langes Fahrzeug. In die meisten Normgaragen passt das. Die Langversionen messen knapp 5,20 Meter, mit ihnen sollte man schon bis zur vorderen Garagenwand rollen können, damit das Tor problemlos schließt. Mit knapp 1,80 Metern Breite ist ein 126er bemerkenswert schmaler als sein moderner Nachfolger, zumindest die Türen der Limousine sollten sich in einer herkömmlichen Garage ohne Schwierigkeiten öffnen lassen. Mit den langen Portalen des Coupés könnte es schon einmal eng werden.

 

 

Laufende Kosten 

Betriebs- und Unterhaltskosten eines W 126 hängen natürlich stark mit der gewählten Motorisierung zusammen, zudem haben die ganz frühen Exemplare noch keinen Katalysator ab Werk. Bei H-Zulassung ist das aber auch kein Problem. Nichtsdestotrotz sollte man sich stets vor Augen halten, dass eine S-Klasse kein billiges Vergnügen ist. Wer mit MB-Originalteilen wartet und repariert, zahlt entsprechend selbstbewusste Kurse. Die Motoren gelten allesamt nicht als Kostverächter, mit Verbräuchen mindestens im unteren zweistelligen Bereich sollte man rechnen.

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400.000 Kilometer Laufleistung, guter Pflege sei Dank. Ein W 126 ist auch heute voll alltagstauglich. Bild: S. Mantel

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Das schwülstig-rote Leder hat seinen Reiz. Die in der ersten Serie verarbeiteten Tierhäute gelten als besonders haltbar. Bild: S. Mantel

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Die Komfortelektrik (hier: Sitzmemory) will gründlich inspiziert sein. Bild: Mercedes-Benz AG

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Abgesehen von der für heutige Verhältnisse hohen Ladekante fasst der Kofferraum problemlos Gepäck für einen ausgedehnten Familienurlaub. Bild: Mercedes-Benz AG

Aus dieser Perspektive wird deutlich, was für eine stattliche Limousine die S-Klasse selbst mit normalem Radstand ist. In die Normgarage passt sie trotzdem. Ein SEL (SE «lang») ist genau 18 Zentimeter länger. Auf den ersten Blick ist das nicht so viel, in manchen Garagen, die etwa in den Sechziger- oder Siebzigerjahren erbaut wurden, kann es für ein Auto von knapp 5,20 Meter Länge aber durchaus eng werden. Bild: S. Mantel

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Ersatzteile 

Heute bestellt, morgen geliefert: Das gilt für jeden Mercedes-Vertragshändler und für im Grunde jedes benötigte Teil. Wesentlich günstiger, aber meistens nicht schlechter, liefert der gut sortierte freie Ersatzteilmarkt. Viele Anbieter haben sich auf die Baureihe spezialisiert, halten gebrauchte und Repro-Neuteile zu fairen Preisen parat. Als erste Adresse gilt das werkseigene Gebrauchtteile-Zentrum (MBGTC), wo es grundüberholten Ersatz mit Garantie gibt. Längst haben sich auch Schrotthändler auf Mercedes-Baureihen spezialisiert.

 

Versicherung 

Eine S-Klasse läuft nicht zum Polo-Tarif! Das sehen auch die Versicherungskonzerne so. Aber: Wer etwa einen 300 SE im Alltag bewegen möchte und in einer günstigen Tarifklasse eingestuft ist, zahlt für den Luxusliner auch nicht mehr als für einen Durchschnitts-Passat. Zudem erkennen viele Versicherer die Baureihe als Klassiker an, wofür dann spezielle Tarife gelten. Doch aufgepasst: Eventuell darf das Fahrzeug dann nicht im Alltag laufen oder Sie müssen Auflagen (Wertgutachten, Kilometerbegrenzung pro Jahr) in Kauf nehmen. Klären Sie das mit Ihrer Versicherung.

 

Werterhalt 

Durch den H-Status für frühe 126er differenziert sich das Angebot gerade: Ordentliche Limousinen, die als „Daily Driver“ genutzt werden und hier und da Gebrauchsspuren aufweisen, sind für deutlich unter 10.000 Euro zu bekommen und halten ihren Wert. Die Preise für sehr gut erhaltene und top-ausgestattete Limousinen und Coupés, möglicherweise aus prominentem Vorbesitz, ziehen spürbar an. Geld „verbrennen“ kann man bei einer S-Klasse ohne Wartungsstau und mit nachvollziehbarer Historie eigentlich nicht mehr.

Gute Seiten 

Kaum ein anderes Fahrzeug dieser Epoche repräsentiert die „Bonner Republik“ der Achtziger so wie der Mercedes W 126. Seinerzeit war er das dominierende Auto im Regierungsviertel. Die Mächtigen der Republik fuhren S-Klasse, respektive wurden darin gefahren. Die unerschütterliche Solidität und die blechgewordene, staatstragende Ernsthaftigkeit fahren immer mit. Das Design ist zeitlos, Komfort, Platzangebot und Sicherheit sind nach wie vor zeitgemäß.

 

Schlechte Seiten

Die Beliebtheit der Baureihe 126 führt dazu, dass viele Blender am Markt sind. Auf verdächtig günstige Preise sollten Sie nicht hereinfallen! Für 3000 Euro gibt es keine problemlose S-Klasse aus erster Hand. Niemals! Die Folgekosten, die ein solches vermeintliches Schnäppchen nach sich zieht, können exorbitant sein.

 

Alternativen 

Wer auf ähnliche Tugenden Wert liegt, wie sie der W 126 bietet, aber weniger Platz und Status benötigt, mag sich dem W 124 zuwenden, der auch schon lange nicht mehr billiger wird. Ernsthaftester S-Klassen-Wettbewerber seiner Zeit ist ansonsten natürlich der BMW der 7er-Reihe. Er galt schon damals als das fahraktivere und dynamischere Fahrzeug – zudem hatten die Bayern mit dem 750i einen waschechten Zwölfzylinder im Angebot! –, ist heute als Klassiker jedoch weniger gesucht und wird auch in gutem Zustand fast schon beschämend günstig offeriert. Audi hatte mit dem 200 oder dem darauf aufbauenden technisch interessanten V8 eher eine Außenseiterrolle und noch nicht den heutigen Premiumstatus erreicht. Wer Exoten mag, sollte sich einmal mit dem Lexus LS 400 beschäftigen.

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Fahrwerk und Kraftübertragung eines W 126 können je nach Motorisierung und Fahrweise stark belastet sein. Ersatzteilprobleme gibt es nicht. Bild: Mercedes-Benz AG

 

 

2 Kosten – erschwinglich oder nicht?