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HEEL Verlag GmbH

Gut Pottscheidt
53639 Königswinter
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www.heel-verlag.de

Deutsche Ausgabe:

© 2019 HEEL Verlag GmbH
First published in French
© 2019 Éditions First, un département d‘Édi8, Paris
Originaltitel: Le plastique c’est pas automatique

Original-ISBN: 978-2-412-04312-7

Autorin: Sophie Noucher
Illustrationen und Layout: Claire Morel Fatio
Lektorat: Anne-Lise Martin

Deutsche Ausgabe:

Übersetzung aus dem Französischen: Christa Trautner-Suder, Weilheim
Satz: gb-s Mediendesign, Königswinter
Coverdesign: Axel Mertens, Königswinter
Projektleitung und Lektorat: Iris Bahr
Fotos: fotolia.de: ©chaiyapruek (Cover),

© Tunatura (U4)

Alle Rechte, auch die des Nachdrucks, der Wiedergabe in jeder Form und der Übersetzung in andere Sprachen, behält sich der Herausgeber vor. Es ist ohne schriftliche Genehmigung des Verlags nicht erlaubt, das Buch und Teile daraus auf fotomechanischem Weg zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer bzw. mechanischer Systeme zu speichern, systematisch auszuwerten oder zu verbreiten.

– Alle Rechte vorbehalten –
– Alle Angaben ohne Gewähr –

Printed in Slovenia

Gedruckt auf Recyclingpapier (Cyclus Offset)

ISBN 978-3-95843-914-6
eISBN 978-3-95843-931-3

Sophie Noucher

Bye-Bye Plastik

Einfache Tipps für den Alltag

HEEL

Inhalt

Einleitung:

Warum ich beschlossen habe, mich vom Plastik zu verabschieden

Ihr wollt über Plastik wirklich bescheid wissen? Bitte sehr!

Das Königsmaterial des 20. Jahrhunderts

Auswirkungen auf die Umwelt

Plastik und die Gesundheit des Menschen

Die Grenzen des Recyclings: Heuchlerei und Humbug

WAS muss ich tun, um plastik zu vermeiden?

Beim Einkauf

In der Küche

Produkte für die Körperpflege

… Mit weniger Plastikverpackungen

Für sie und ihn

Beim Hausputz

Bei der Kleidung

Für die Kinder

Haus und Garten

Im Büro

Büroausstattung: neue Materialien und nachfüllbare Produkte

Noch einen Schritt weiter gehen

Zwei Monate später …

Ich organisiere eine Plastic Attack!

Weiterführende Ideen

Schlussbetrachtung

Quellen und Bibliographie

Danksagung

Einleitung

Warum ich beschlossen habe, mich vom Plastik zu verabschieden

An einem Mittwochmorgen höre ich, noch etwas verschlafen vor meinem Becher mit heißem Tee sitzend, das Motorengeräusch der nahenden Müllabfuhr. Sofort bin ich hellwach: Ich habe vergessen, den Müll hinauszubringen! Und zwar nicht um irgendeinen Müll: wir sprechen von der gelben Tonne. Sie wird nur alle 14 Tage geleert. Sie ist immer randvoll. Es sind die sogenannten „recycelbaren Abfälle”: Verpackungen aus Kunststoff, Metall, Verbundstoff und Naturmaterialien. Es ist der Müll, den man NICHT VERGESSEN darf, weil sonst die folgenden 2 Wochen sehr lästig werden! Noch im Pyjama und pausenlos vor mich hin fluchend, ziehe ich die vermaledeite Tonne schnell auf den Gehweg. Zu spät.

Also zog ich unsere Tonne so unauffällig wie möglich in die nächste Straße und stellte sie vor einem Haus ab, wo bereits zwei Tonnen standen. Die Müllmänner merkten nichts. Ich war erleichtert und kam mir gleichzeitig etwas lächerlich vor. An diesem Tag wurde mir bewusst, dass unsere fünfköpfige Familie vielleicht zu viel Müll produzierte – wenn es schon zu einem echten Problem wurde, wenn ich einmal vergaß, die Tonne hinauszustellen.

Wocheneinkauf

Gibt es in unserem Leben nicht einfach zu viele Verpackungen?

Als ich am nächsten Tag vom Einkaufen zurückkam, dachte ich wieder an diesen Haufen Abfall – Kekspackungen, Beutel, Sichtverpackungen, Mehrfachpackungen, verschiedene Flaschen, Kanister und Dosen. Lauter Überbleibsel vom wöchentlichen Großeinkauf im Supermarkt, aus meinen vier großen Einkaufskörben. Und während ich mir mein strapaziertes Kreuz massierte, wurde mir dasselbe bewusst wie am Vortag: das alles war viel zu viel. Ich erstickte in Verpackungen, ich verlor das rechte Maß!

Das war schwerwiegend, auch im wörtlichen Sinn. Meine Schränke waren voll von Plastiktüten. Dabei bin ich gar nicht wild darauf, Dinge zu horten wie so manch einer – aus Angst, es könne ihm an etwas mangeln. Ich bin einfach nur eine Familienmutter mit drei verfressenen Söhnen im Alter von 4 bis 15 Jahren, und ich wohne am Rande einer Kleinstadt, wo man den täglichen Bedarf nicht im Laden an der Ecke decken kann. Zumindest bei einem Teil der Einkäufe bin ich auf Supermärkte und mein Auto angewiesen. So kam es wohl zu dieser Unmenge an Dosen. Aber musste ich wirklich meine Schränke mit Einwegverpackungen vollstopfen, um fünf Personen eine Woche lang zu ernähren?

Einige Tage später stieß ich auf eine Information: Inzwischen wurde Plastik sogar im menschlichen Blut gefunden, unabhängig davon, in welchem Land dies untersucht wurde, und zwar bereits bei Babys! Dieses Plastik, das uns umgibt und unseren Planeten verschmutzt, vergiftet uns langsam aber sicher. Nicht nur das Bisphenol A, das in der Herstellung von Babyfläschchen inzwischen verboten ist. Nein, auch andere Substanzen im Plastik, die eingeatmet, mit der Nahrung oder über die Haut aufgenommen werden. Ich betrachtete meine leicht verschmutzte gelbe Tonne und die Verpackungen darin mit ganz neuen Augen. Verpackungen von Produkten, die wir gegessen, mit denen wir uns oder unsere Wäsche gewaschen hatten. Diese übel riechende Tonne deckte auf, wie gedankenlos wir einkauften.

Also beschloss ich, die Sache in den Griff zu kriegen und mich erstens besser zu informieren und zweitens einige Dinge in unserem Leben zu ändern. Das 50:50-Prinzip bei Kindern (Essen, Hausaufgaben und tägliche Aktivitäten) und Arbeit habe ich beibehalten (ich schreibe als Journalistin für Publikumszeitschriften zu den Themen Wirtschaft bis Jugend). Aber sonst habe ich einiges umgestellt: Ich gehe jetzt öfter einkaufen, statt nur einmal die Woche einen Großeinkauf zu machen. Aber vor allem haben sich meine Einkaufslisten verändert und das, was wir in den Schränken haben (sowohl die Behältnisse als auch ihr Inhalt). Und mein Mann und ich haben die Freude am Kochen wiederentdeckt.

Drei Monate später ist die berühmte gelbe Tonne nur noch zu 2/3 gefüllt, wenn die Müllabfuhr kommt. OK, noch kein Grund, in Verzückung zu geraten, aber ein guter Anfang. Ich habe viel gelesen, mich umgehört und umgesehen und vieles über das Phänomen Kunststoff gelernt. Und über die Unfähigkeit des Menschen, die Auswirkungen seiner Erfindungen zu beherrschen.

Ich habe meinen freien Willen auch beim Konsum zurückgewonnen, und das will durchaus etwas heißen. Auch meine Söhne haben begonnen, über ihr Kaufverhalten nachzudenken. Bei dieser kleinen Revolution haben mich einige Angehörige sehr unterstützt, die selbst bereits versuchen, gesünder zu leben und ihren Plastikmüll zu reduzieren. Ebenso hilfreich waren Leitfäden und Blogs mit ihren Tipps, wie man Produkte und Verpackungen ersetzen kann, deren Schädlichkeit bekannt ist – oder vermutet wird.

Alles, was ich dabei gelernt und in meinem Alltag verändert habe, gebe ich in diesem Buch an euch weiter. Ich habe versucht, die Risiken einzuschätzen, die mit dem allgegenwärtigen Plastik in Zusammenhang stehen, und machbare Abhilfe zu finden. Manchmal genügt es, ein anderes Produkt zu kaufen oder etwas einfach nicht mehr nachzukaufen. Und man kann Dinge selbst herstellen – nur ganz einfache natürlich, denn ich habe weder Zeit noch Talent, einen Professor in Chemie zu machen. Ich habe Rezepte von Freundinnen und aus Ratgebern zum Thema Zero Waste (null Abfall) ausprobiert, deren steigende Zahl im Buchhandel belegt, dass das Problembewusstsein wächst. Über den Nutzen von Natron oder Kokosöl wusste ich vorher nichts, aber jetzt verwende ich sie für Mittel, die wenig Zeit kosten und alle akzeptieren. Ich lasse die Finger von gewagten Experimenten wie der Herstellung von Waschmittel auf Efeu-Basis. Aber Shampoo in fester Form, das offen, ohne Verpackung, verkauft wird – so etwas finde ich gut!

Teil 1

Ihr wollt über Plastik wirklich bescheid wissen? Bitte sehr!

Kapitel 1

Das Königsmaterial des 20. Jahrhunderts

Roland Barthes bezeichnete es in seinen Mythen des Alltags (1957) als Wundermaterial. Von Plastik in der Einzahl zu sprechen, wäre angesichts seiner Vielgestaltigkeit jedoch falsch. Besser ist Plastik als Oberbegriff für Kunststoffe.

Eine kunststoff­beschichtete Welt

Im Alltag sind Kunststoffe in unterschiedlicher Form praktisch überall vorhanden. Wenn ihr beispielsweise in ein Kleidungsstück schlüpft, fragt ihr euch dann, ob es aus synthetischem Material besteht? Und wenn ja, wisst ihr dann, ob es nun Polyester oder Polyamid ist? Letzteres ist bekannter, vor allem unter dem Namen Nylon. Wie Nylon sind einige Materialbezeichnungen so bekannt, dass sie den Namen der daraus gefertigten Gegenstände ersetzen: Vinyl für Schallplatten, Styropor für Polstermaterial – oder eben Nylon(s) für Feinstrumpfhosen.

All diese Gegenstände haben einen gemeinsamen Nenner: Erdöl.

Zu Kunststoff verarbeitetes Erdöl zersetzt sich nicht

In der Natur zersetzen sich Kunststoffe sehr, sehr langsam.

Was wird aus Plastik? Obgleich die Umweltverschmutzung so groß ist, dass Wissenschaftler inzwischen ihre Zeit darauf verwenden, die Beziehungen zwischen Kunststoffen und Lebewesen zu untersuchen, kann man das nicht genau sagen. Was man jedoch weiß, ist, dass winzige Tierchen sie besiedeln oder Mikroteilchen davon schlucken, wohingegen Fische und Vögel größere Kunststoffteile hinunterschlingen.

Die Kunststoffe werden Jahrhunderte brauchen, um aus unserem Blickfeld zu verschwinden – also erst zu kleinen Stückchen, dann zu Mikroplastik und schließlich zu Nanoteilchen zu werden, die in der Erde oder im Meer zurückbleiben.

Warum? Gehen wir zurück zur Herstellung von Plastik, um das besser zu verstehen.

Die Herstellung von Kunststoffen

Erdöl

In der Raffinerie werden Kohlenwasserstoffe (Wasserstoff und Kohlenstoff) erhitzt. Bei Temperaturen zwischen 30 °C und 180 °C wird so Naphtha (Rohbenzin) gewonnen.

Plastik (Kunststoff)

Kunststoffe sind Cocktails: Mischungen aus Kohlenwasserstoffen und sehr widerstandsfähigen chemischen Produkten, die Jahrhunderte brauchen, um sich zu zersetzen, also zu ganz kleinen Teilchen zu werden.

Man unterscheidet im Allgemeinen zwei große Familien:

Thermoplaste, die gängigste Variante. Sie werden bei Erwärmung weich und lassen sich leicht verformen (zu Flaschen und Sichtverpackungen);

Naphtha

In der petrochemischen Industrie erfolgt das Steamcracken. Dabei werden die Moleküle mit Dampf gespalten, so erhält man Monomere (z. B. Ethen). Diese werden anschließend zu Polymerketten zusammengesetzt (z. B. Polyethylen). Man kann Polymere auch aus natürlichen Elementen wie Stärke oder Zellulose gewinnen, die in der Natur abbaubar sind.

Polymere+ Zusatzstoffe

Schon die Bezeichnungen legen nahe, dass diese Zusatzstoffe toxisch sein können. Den Polymeren hinzugefügt, verleihen sie den verschiedenen Kunststoffarten ihre typischen Merkmale. Beispiel: Ethen + Chlor = PVC, aber Ethen + Benzol (Ethylbenzol) = Polystyrol. Unter der Einwirkung von Wärme, durch Kontakt mit Fetten oder einfach weil sie nicht richtig fixiert sind, können bestimmte Bestandteile in die Lebensmittel oder Kosmetika wandern, die in ihnen aufbewahrt werden. Oder sie können sich in der Luft verteilen, zum Beispiel wenn es sich um einen Duschvorhang oder ein aufblasbares Spielzeug aus PVC handelt. Sie werden dann eingeatmet, mit der Nahrung aufgenommen oder dringen über die Haut in den Organismus ein.