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Marcus Polman

Schwein

Rassen, Schnitte und Rezepte

HEEL

Danke!

Bei der Recherche zu diesem Buch habe ich mit verschiedenen Experten zum Thema Essen und Trinken (und Schweine!) gesprochen. Darunter waren Köche, Metzger, Schlachter, Bauern, Züchter, Ernährungswissenschaftler und Feinschmecker. Ein Dank an alle, die ihr Wissen und ihre Tipps mit mir geteilt haben!

Jonnie Boer, Yvette van Boven, Floris Brester, Frank Bunnik (Berkshire Butcher), Maria Castro Bermúdez Coronel, Johannes van Dam, Duikelman (David Appelboom), Wil Demandt, Jacobo Gómez, Edwin Florès, Matthias und Lennard van der Nagel, Paul Gonzalez, Cees Helder, Sergio Herman, Werry van Leeuwen, Samuel Levie, Leon Mazairac, Sander Overeinder, Kees Scheepens, Diny Schouten, Nel Schellekens, Dick und Berdy Sloetjes, Adèle und Eymert Teekens, Margot Torenvlied, Paul van Trigt, Michael Wolf & Arno Veenhof.

Ein besonderer Dank an

Johan van Uden, Geschäftsführer der Metzgerei Chateau­briand in Heemstede und zweifacher Gewinner des Goldenen Metzgerrings (Gouden Slagersring), der mir unermüdlich und mit großer Begeisterung alles rund um das Metzgerhandwerk erklärte.

Impressum

HEEL Verlag GmbH

Gut Pottscheidt

53639 Königswinter

Tel.: 0 22 23 92 30-0

Fax: 0 22 23 92 30-13

E-Mail: info@heel-verlag.de

www.heel-verlag.de

© der deutschen Ausgabe:

2016 HEEL Verlag GmbH

First published as Varken by Fontaine Uitgevers, Hilversum – The Netherlands (2013).

Original-ISBN 978-90-5956-505-0

© 2013 Fontaine Uitgevers, Hilversum

Konzeption & Text: Marcus Polman/Nieuwe Haring Media

Fotografie: Saskia van Osnabrugge

Illustrationen: Ingrid Bockting

Text-Redaktion: Martine van der Deijl, Zinnin Redactie, Utrecht

Kochbuch-Redaktion: Hennie Franssen

Deutsche Ausgabe:

Übersetzung aus dem Niederländischen: Birgit van der Avoort, Havixbeck

Satz und Coverdesign: Axel Mertens

Lektorat: Helge Wittkopp, Laura Wika von Czarnowski

Holzplanke U4 © Petra Schüller (Fotolia)

Alle Rechte, auch die des Nachdrucks, der Wiedergabe in jeder Form und der Übersetzung in andere Sprachen, behält sich der Herausgeber vor. Es ist ohne schriftliche Genehmigung nicht erlaubt, das Buch und Teile daraus auf fotomechanischem Weg zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer bzw. mechanischer Systeme zu speichern, systematisch auszuwerten oder zu verbreiten.

Dieses Buch wurde nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Weder der Verlag noch der Autor tragen die Verantwortung für ungewollte Reaktionen oder Beeinträchtigungen, die aus der Verarbeitung der Zutaten entstehen.

– Alle Rechte vorbehalten –

Printed in Slovenia

ISBN 978-3-95843-160-7

eISBN 978-3-95843-202-4.

Quellen

Für dieses Buch wurden unter anderem folgende Quellen konsultiert:

J. W. Baretta (Herausgeber), Handboek van de slager, 1950

Johannes van Dam, De Dikke Van Dam, 2005

Alan Davidson, The Oxford Companion to Food, 2006

Anno Fokkinga, Het Varkensboek, 2004

Harold McGee, Over eten en koken, 2006

Harold McGee, Goed koken – en wat je daarvoor moet weten, 2010

Meneer Wateetons/Sjoerd Mulder, Over Worst, 2011

Joël Robuchon, De Grote Larousse Gastronomique

Niki Segnit, De Smaakbijbel, 2011

Paul van Trigt, Charcuterie 2, 2012

Time-Life Reactie, Varkensvlees Nieuwe Stijl, 1988

Cook’s Illustrated, The Science of Good Cooking, 2012

Vorwort

Von der Weide auf den Tisch

Dieses Buch ist eine Ode an das Schwein. Es richtet sich an den echten Feinschmecker, der etwas so trügerisch Einfaches wie ein altmodisches Schweinekotelett zu schätzen weiß; in viel Butter oder Schmalz gebraten, mit goldbrauner Kruste, einer feinen, krossen Fettschwarte und schön saftig, zart und wunderbar hellrosa von innen. Oder denken Sie an einen niederländischen Retro-Klassiker wie Slavink, ein Hackfleischröllchen im Speckmantel, am liebsten selbst gemacht mit frisch durchgedrehtem Schweinehack und eingewickelt in köstlich geräucherten Bauchspeck (mehr zur Falttechnik siehe Seite 116). Sehr schmackhaft sind auch größere Schweinespezialitäten: ein glasiertes Spanferkel – wenn auch nicht am Spieß –, das in Gesellschaft von Freunden und mit entsprechenden Getränkemengen von Kopf bis Schwanz verspeist wird. Jedes einzelne Gericht ist – jedenfalls bei richtiger Zubereitung – ein Sinnesschmaus für die Geschmacksknospen.

Schweinefleisch ist das wohl meistgegessene Fleisch in Europa. Trotzdem haben gestandene Hobby- und Profiköche das Tier jahrelang schmerzlich vernachlässigt. Dazu trug auch die auf Hochtouren arbeitende Industrie bei, die – unterstützt von eifrigen Supermärkten und Schnäppchenjägern – eine nicht enden wollende Flut von Schweinefleisch auf den Markt warf, das den Namen kaum verdiente. Es handelt sich dabei um geschmacklose Fleischlappen von bedauernswerten Tieren und selbst ein ausgebildeter Koch kann daraus nichts Vernünftiges mehr zubereiten.

Derzeit erlebt das Schwein ein Comeback. In trendigen Restaurants hat eine neue Generation von Küchenchefs das Schwein für sich entdeckt. Schweinenacken, Bauchspeck und Wurst aus eigener Herstellung stehen ganz oben auf der Speisekarte. Essen ohne viel Schnickschnack, einfach zubereitet und mit größtmöglichem Geschmack. Beim Bio-­Metzger im Internet findet man ein ständig wachsendes Angebot an Schweinefleisch in guter Qualität und von alten Schweinerassen. Keine anonymen Fabrikschweine, sondern Fleisch von Tieren, die mit Liebe und Achtsamkeit aufgezogen wurden. Und genau das schmeckt man auf dem Teller.

Für dieses Buch folgte ich dem Weg des Schweines von der Weide bis zum Teller, um herauszufinden, was das perfekte Schwein wirklich ausmacht. Ich sprach mit Dutzenden von Bauern, Köchen und Metzgern im In- und Ausland, um zu erfahren, was es braucht, um ein hochwertiges Stück Schweinefleisch zuzu- bereiten.

Einzigartig beim Schwein ist sicherlich – mehr noch als beim Rind oder Lamm –, dass es buchstäblich von Kopf bis Schwanz verspeist werden kann. Dabei können auch weniger bekannte Teile verwendet werden. Ich zeige Ihnen in einem eigenen Kapitel, wie authentische Wurstwaren zu Hause hergestellt werden können – mit Schritt-für-Schritt-Anleitungen für den ambitionierten Hobbykoch, der selbst einmal eine pâté de campagne (Schweinepastete) oder eine boudin noir (Blutwurst) herstellen möchte.

Marcus Polman

Inhalt

Die Grundlagen

Das Tier

Das Fleisch

Die Techniken

Wurstwaren aus eigener Herstellung

25 klassische Rezepte mit Schweinefleisch

Anhang

Die Grundlagen

So braten Sie das perfekte Kotelett

12 goldene Regeln

1. Das richtige Schweinefleisch

5. Die richtigen Utensilien

7 Butter, Öl, Schmalz und andere Fette

8 Braten

9 Die perfekte Kerntemperatur

10 Ruhen

11 Anschneiden

12 Geschmackskombinationen

Paté de campagne

So braten Sie das perfekte Kotelett

Pfanne

Verwenden Sie eine Pfanne mit guter Hitzeleitung, damit Sie das Kotelett gleichmäßig goldbraun braten können. Ideal ist eine Pfanne aus Gusseisen. Auch die Größe ist wichtig: Für ein Kotelett reicht ein Durchmesser von 20 cm, für zwei Koteletts benötigen Sie etwa 24 cm.

Fleisch

Ein gutes Kotelett hat schmackhaftes Fett. Wählen Sie ein leicht durchwachsenes Rippenstück, oder bestellen Sie beim Metzger ein saftiges Schulter- oder Halskotelett. Das Fleisch sollte unbedingt aus artgerechter Haltung stammen. Sparen Sie niemals bei der Qualität.

Braten

Das Kotelett bei mittlerer Hitze rundherum braun anbraten. Dann bei geringer Hitze im eigenen Fett weiterbraten, damit es schön saftig wird. Es sollte keinesfalls trocken werden. Ein Stielkotelett ist fertig, wenn es auf jeder Seite 5 Minuten gebraten wird (Farbe: hellrosa). Ein Nackenkotelett benötigt bestimmt 10–12 Minuten von jeder Seite, um gut durchgegart zu sein (Farbe: hellgrau).

Butter

Am leckersten wird das Kotelett, wenn es in Butter gebraten wird. Ersatzweise kann auch Schweine­schmalz (zerlassenes Nierenfett) verwendet werden. Damit erhält das Kotelett erst seinen typischen Geschmack, den wir so mögen.

Salz & Pfeffer

Für ein einfaches gebratenes Kotelett reichen schon frisch gemahlenes Meersalz und frisch gemahlener Pfeffer. (Es kann natürlich auch mit Senf eingerieben werden.)

Gewürzgurken

Sauer Eingelegtes ist der ideale Partner eines Koteletts. Das können etwa pikante, würzige Cornichons oder selbst eingemachte süßsaure Zwiebeln sein.

Äpfel

Klassische Begleiter des Schweinekoteletts: langsam gegarte, fein karamellisierte Äpfel aus dem Backofen. Ebenfalls köstlich schmeckt ein selbst gemachtes Mango- oder Pfirsich-Chutney.

Jus/Bratensaft

Den Bratensaft stark erhitzen und ½ Tasse Wasser zugießen. Den Jus unter Rühren sprudelnd aufkochen und dann sämig einkochen. Den Bratensatz vom Boden loskochen, denn er hat besonders viel Geschmack.

Kartoffelsalat

Grob gestampfte gekochte Kartoffeln mit einer heißen Marinade aus Rinderbrühe, Weißweinessig und Senf übergießen. Lauwarm servieren. Überzeugt durch seinen frischen, sauren Geschmack.

Ruhen

Das Kotelett nach dem Braten locker mit Aluminiumfolie abdecken (die Hitze muss entweichen können) und auf einem Bratrost mit Auffangschale 5 Minuten ruhen lassen.

5 Anfängerfehler

Zu wenig Geschmack: schlechte Schweinefleischqualität

Trocken und zäh: zu lange (und bei zu hoher Hitze) gebraten

Außen blasse Farbe: schlechte Pfanne und/oder unzureichende Hitzeregulierung

Feuchtigkeit auf dem Teller: zu kurze Ruhezeit

Von innen kalt und roh: zu kurz gebraten

12 goldene Regeln

Was braucht man für die Zubereitung eines perfekten Koteletts oder Schweine­bratens? Dazu eine Übersicht über die wissenswerten Fakten. Von der Auswahl des Lieblingsstücks bis zum Anschneiden – und alle wichtigen Zwischenschritte.

1. Das richtige Schweinefleisch

Worauf haben Sie Lust? Auf ein saftiges, punktgenau gebratenes Kotelett? Oder auf einen fantastischen Schweinebraten aus dem Backofen? Letzterer ist eventuell ein gut durchwachsenes Schulterstück. Oder bevorzugen Sie mageres Fleisch, etwa ein Filet oder ein Lendenstück? Mit Knochen (viel leckerer) oder ohne? Das Schwein hat alles im Angebot. Trauen Sie sich auch an außergewöhnliche Stücke wie Schweinebackenspeck, Leber oder sogar den Kopf heran. Für wenig Geld können Sie köstliche Brat­würste, Pasteten und Rillettes selbst herstellen. Ein Schwein kann von Kopf bis Schwanz verspeist werden. Fragen Sie Ihren Metzger vor Ort, er wird Sie gern beraten.

2. Die Fleischqualität

Geben Sie lieber etwas mehr Geld für Ihr Schweinefleisch aus. Das meiste Supermarktfleisch stammt von Schweinen, die nur wegen ihres Ertrags und nicht wegen ihres Geschmacks gehalten werden. Das Fleisch ist zwar billig, aber geschmacklos. Glücklicherweise gibt es inzwischen ein wachsendes Angebot an Schweinefleisch von guter Qualität. Ein guter (Bio-)Metzger hat es vorrätig oder bestellt es direkt beim Bauern. Immer mehr Bauern bieten Schweinefleisch von alten Rassen mit Namen wie Berkshire oder Buntes Bentheimer, oder von „Markenschweinen“ aus artgerechter Haltung an. Diese glücklichen Schweine leben in großen Ställen, können ins Freie und bekommen ein abwechslungsreiches Futter (und das bestimmt letztendlich den Geschmack). Sie führen ein stressfreies Leben – paradiesisch im Vergleich zu ihren Artgenossen in übervollen Schweinefabriken. Das schmeckt man, denn Stress ist schlecht für die Qualität des Fleisches und lässt es zäh werden. Woran können Sie Qualität erkennen? Schmackhaftes Schweinefleisch besteht aus schön marmoriertem Fett (intramuskuläres Fett) und einer weißen (keiner gelblichen) Schwarte. Die Fleisch-Farbe sollte rosa bis rosarot (nicht blass) sein.

Einige Rassen haben eine dunklere, etwas rötlichere Farbe als andere. Blutpunkte im Fleisch bedeuten nichts Gutes und zeigen den extremen Stresspegel des Tieres an.

3. Salzen und Würzen

Ein Kotelett oder eine Roulade von guter Qualität braucht nicht mehr als Salz und (frisch gemahlenen) Pfeffer. Es ist kein Problem, das Fleisch vor dem Braten (statt danach) zu salzen – genau wie bei Steaks oder anderem Fleisch auch. Salzen Sie vorher, dann verbessern sich Fleisch und Bratensaft. Es ist ein Mythos, dass Fleisch austrocknet, da ihm durch das Salz keine Feuchtigkeit entzogen wird (außer wenn es zu stark gesalzen wird, siehe dazu auch Pökeln im folgenden Kapitel). Ein Nachteil ist jedoch, dass bereits gesalzenes Fleisch nicht so gut bräunt. Aber mit einer guten Pfanne und der richtigen Temperatur kriegen Sie auch das in den Griff. Wacholderbeeren, Lorbeer, Salbei, Oregano und Senfsamen sowie Thymian und Rosmarin geben dem Schweinefleisch einen herrlichen Geschmack, vor allem in Kombination mit Gebratenem, das nicht gepökelt wurde. Gegrilltes Schweinefleisch, z. B. Spareribs oder Rippenkoteletts vom Grill, brauchen eine feine Kräutermischung (dry oder wet rub), oder eine Marinade mit Honig oder Konfitüre. Der Zucker karamellisiert das Fleisch beim Grillen und lässt es knusprig werden (dies sollte aber erst in den letzten Minuten geschehen, denn der Zucker verbrennt sehr schnell).

4 Pökeln, Trockensalzen und Räuchern

Dies sind von alters her die Methoden, um Schweinefleisch länger haltbar zu machen. Sie sorgen auch für zusätzlichen Geschmack und machen das Fleisch schön saftig. Durch das Räuchern (in einem Räucherofen oder -schrank) bekommt das Fleisch eine typisch rauchige Note – etwa bei Wurst oder Bauchspeck. Beim Nasspökeln kommt das Fleisch in eine Schüssel mit Salzlösung. Beim Trockenpökeln (oder Trockensalzen) wird das Fleisch mit Salz, ­Pfeffer und anderen Gewürzen eingerieben und kommt (vakuumiert oder abgedeckt in einer Schüssel) in den Kühlschrank. Bei beiden Pökelmethoden sollte ausreichend Zeit eingeplant werden (mindestens 12 Stunden, noch besser einige Tage), damit das Salz bis zur Fleischmitte ziehen kann. Durch das Salz wird dem Fleisch Feuchtigkeit entzogen und Eiweiß abgebaut, sodass es zarter wird. Auch der Geschmack und die Farbe werden durch das Salzbad (sowohl trocken als auch nass) ungemein verbessert. Verwenden Sie spezielles Pökelsalz, das auch Nitritsalz genannt wird; Ihr Metzger hat es bestimmt vorrätig.

5. Die richtigen Utensilien

Erst mit einer guten Pfanne wird das Fleisch beim Braten außen schön knusprig und innen gut durchgegart. Eine gusseiserne Pfanne ist die beste Wahl, denn sie leitet die Hitze gut und gleichmäßig. Vor dem ersten Gebrauch die Pfanne 10 Minuten stark erhitzen, um den Boden sauber zu brennen. Dabei den Boden mit einer dicken Schicht Salz bestreuen (die Pfanne darf qualmen) und anschließend mit Küchenpapier säubern. Um Rosten vorzubeugen dürfen Sie Gusseisen niemals in Spülwasser legen. Gute Edelstahlpfannen mit Mehrschichtböden sind eine (teure) Alternative. Achten Sie auf die Größe, denn in einer zu großen Pfanne verbrennt die Butter schneller. Für zwei Koteletts reicht eine Pfanne mit 24 cm Durchmesser (für ein Kotelett 20 cm, für vier Stücke 28 cm Durchmesser). Für die ambitionierten Charcutiers unter Ihnen ist die Anschaffung eines Fleischwolfes überlegenswert (siehe dazu Kapitel „Wurstwaren aus eigener Herstellung“, ab Seite 83). Mit einem verlässlichen Kernthermometer lässt sich die richtige Garstufe größerer Braten exakt bestimmen. Für die Verwendung eines Backofens gilt: Die am Backofen angegebene Temperatur weicht häufig (stark) von der tatsächlichen Temperatur ab.

6. Die Zubereitungsarten

Kotelett, Filet, Medaillon, Schnitzel und andere eher kleine Fleischstücke werden in der (passenden) Pfanne gebraten. Größere Stücke (Rippenbraten, Schweineschulter und Bauchspeck) sind im Backofen besser aufgehoben und werden, möglichst bei geringer Temperatur (100–140 °C), gegart. Je niedriger die Temperatur, desto gleichmäßiger gart das Fleisch bis zum Kern und desto weniger Flüssigkeit geht verloren. Das Fleisch sollte zuvor rundherum schön angebraten werden. Dann das Fleisch auf einem Rost in der Fettpfanne in den Backofen schieben, damit es auch von unten gleichmäßig gart. Es kann auch auf einem Gemüsebett (Sellerie, Karotten und Zwiebeln) liegen. Begeisterte Grillliebhaber wählen Schwein für den Drehspieß am Grill. Ein Grill eignet sich auch gut für Slow Cooking. Bei geschlossenem Deckel kann der Grill ebenfalls zum Räuchern und Smoken verwendet werden. Eine Alternative ist ein einfacher Tischräucherofen (mit glühenden Holzspänen auf dem Boden), der auf dem Herd erhitzt wird, oder ein größerer Räucherschrank in dem komplette Schinken Platz finden. Auch das Garen in Heu ist eine überraschend gute Zubereitungsmethode (siehe Seite 156).

7 Butter, Öl, Schmalz und andere Fette

Butter ist die erste Wahl beim Braten von Schweinefleisch. Sie gibt dem Fleisch einen köstlich vollen Geschmack. Öle (Oliven-, Sonnenblumen-, Erdnuss- oder Traubenkernöl) sind neutraler und man kann das Fleisch bei höheren Temperaturen braten, ohne dass es verbrennt. Butter hingegen hat einen niedrigeren Verbrennungswert und verbrennt daher bei hohen Temperaturen schneller. Wer nicht so fett braten möchte, kann Olivenöl mit Butter kombinieren. Auch Schweineschmalz (ausgelassenes Nierenfett) lässt sich wunderbar zum Braten eines Koteletts oder zum Anbraten eines Bratens verwenden. Allerdings ist es ungeeignet für all diejenigen, die „Angst“ vor Fett haben. Es ist zwar gehaltvoll und schwer, sorgt aber für eine ungeheure Geschmacksoffenbarung. Schmalz lässt sich einfach selbst herstellen (siehe Seite 59). Nachdem das Fett ausgelassen wurde, bleibt die knusprige braune Schwarte zurück, die sowohl auf Brot als auch im Eintopf schmeckt.

8 Braten

Das Geheimnis eines perfekten Koteletts (oder eines anderen Stücks Schweinefleisch) ist die schöne goldbraune Kruste von außen und das saftige Fleisch von innen. An einem trockenen und zähen Kotelett hat niemand Spaß. Das Schweinefleisch wird zuerst rundherum angebraten und dann bei mittlerer Hitze fertig gegart. Während des Anbratens sollten Sie das Fleisch ruhig liegen lassen, da zu viel Bewegung den Bräunungsprozess behindert. Ebenso wichtig für ein gutes Bratresultat: Das Fleisch mindestens 30 Minuten vor dem Braten aus dem Kühlschrank nehmen und auf Zimmertemperatur bringen. Kommt nämlich kaltes Fleisch in die heiße Pfanne, dann „kippt“ das Fleisch durch den hohen Temperaturunterschied, gart ungleichmäßig und wird zäh. Vor dem Braten das Fleisch mit Küchenpapier trocken tupfen, denn „nasses“ Fleisch bekommt niemals eine schöne Kruste.

9 Die perfekte Kerntemperatur

Viele Leute braten Schweinefleisch zu lange, sodass es trocken und zäh wird. Schweinefleisch ist ab einer Kerntemperatur von 55 °C gar. Bei einer höheren Temperatur verliert es schnell Feuchtigkeit. Die meisten Fleischstücke sollten rosa werden, mit einem hellrosa Kern. Stücke wie Schweinelende, Roulade oder ein Rippenbraten schmecken saftig am besten. Das gelingt bei einer Kerntemperatur von 58–60 °C. Bei 70 °C und mehr ist das Fleisch ganz durchgebraten (well done). Bei größeren Fleisch­stücken sollten Sie immer ein Kernthermometer benutzen, um die richtige Garstufe zu bestimmen. Berücksichtigen Sie, dass das Fleisch während des Ruhens noch 1–2 °C weiter gart. Achtung: Schweinefleisch sollte niemals roh verspeist werden, aber durchgebraten muss es auch nicht sein. Rippen-, Filetkoteletts oder Medaillons sollten halb bis mittel durchgebraten gegessen werden. Andere Stücke wie Nackenkoteletts oder Hackfleisch im Speckmantel (siehe Seite 116) sollten etwas länger gebraten werden. Dieses Fleisch hat mehr Fett und trocknet nicht so schnell aus, wenn es lange im eigenen Bratensaft gart. Ein Speckstreifen ist erst dann lecker, wenn er knusprig gebraten wird.

10 Ruhen

Große Braten aus dem Backofen müssen 15–20 Minuten ruhen, Koteletts etwa 5–10 Minuten. Dazu sollten Sie einen Rost mit Abtropfschale verwenden. Das Fleisch locker in Aluminiumfolie wickeln (wie ein Zelt), sodass der Dampf an beiden Seiten entweichen kann. Auf diese Weise wird die Kruste durch den Dampf nicht weich. Das Fleisch sollte auf 50 °C abkühlen. Das Ruhen hat mehrere Funktionen: Die Mitte des Fleischstücks kann noch nachgaren und wenn die Temperatur sinkt, wird das Fleisch fester und bindet den Saft besser. So ist es hinterher einfacher zu schneiden und fällt nicht auseinander. Außerdem läuft beim Schneiden weniger Saft aus.

11 Anschneiden

Arbeiten Sie immer mit einem scharfen Messer, mit einem stumpfen Messer erzeugen Sie zu viel Druck und der köstliche Saft wird aus dem Fleisch herausgepresst. Möglichst quer zur Faser schneiden, um lange Fasern zu kürzen. So lässt sich das Fleisch besser kauen. Auf einem vorgewärmten Teller servieren (am besten im warmen Backofen vorwärmen), denn dann hält das Fleisch seine Temperatur länger und das geschmolzene Schweinefett wird nicht wieder hart – bei Zimmertemperatur wird Fett schnell fest. Bratenstücke wie Roulade oder Rippenbraten sind am leckersten, wenn sie kurz vor dem Servieren in dünne Scheiben (½ cm) geschnitten werden.

12 Geschmackskombinationen

Während Rindfleisch einen eher salzigen Eisengeschmack hat, ist Schweinefleisch süßer, mit feinen erdigen Nuancen, die an Wald und Bauernhof erinnern. Schwein lässt sich daher gut mit frischen süßsauren Aromen kombinieren, wie etwa Orange, Apfel (gebraten, gekocht oder als Mus), Aprikose, Pfirsich oder Pflaume. Früchte können eventuell als Chutney serviert werden und auch eine leichte Säure passt gut. Sie bildet einen Ausgleich zum enthaltenen Fett. Aus diesem Grund sind Gewürzgurken, süßsaure Zwiebeln, Kapern und auch Sauerkraut ideale Partner für Schweinefleisch. Schweinewürste und Speck lassen sich gut mit Linsen oder weißen Bohnen (etwa beim berühmten Cassoulet, siehe Seite 136) kombinieren. Doch auch der erdige Geschmack der Kartoffel passt wunderbar, beispielweise als Kartoffelpüree, gekochte Kartoffeln oder Röstkartoffeln aus dem Backofen mit aromatischen Kräutern wie Rosmarin.

Warum ist Schweinefleisch nicht rot?

Rohes Schweinefleisch hat eine helle Farbe. Das liegt daran, dass ein Schwein seine Muskeln anders gebraucht als Tiere wie Rinder und Schafe, die den ganzen Tag auf der Weide grasen. Schweine­fleisch enthält daher weniger rote Muskelfasern (etwa 15 % weniger). Das Fleisch von einigen ursprünglichen Schweinerassen – die sich draußen mehr bewegen – hat eine dunklere und etwas rötlichere Farbe.

Besser leben: Schweine mit Stern