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Printed in Romania
ISBN 978-3-86852-953-1
Marken & Modelle
Vorwort
A. Lange & Söhne
Audemars Piguet
Blancpain
Breguet
Breitling
Cartier
Chopard
Girard-Perregaux
Glashütte Original
Hublot
Jaeger-LeCoultre
Junghans
Omega
Patek Philippe
Rolex
Seiko
Tag Heuer
Ulysse Nardin
Vacheron Constantin
Zenith
Mechanische Armbanduhren haben in den vergangenen drei Jahrzehnten einen Aufschwung erlebt, den wohl auch die kühnsten Analysten zu Beginn der 1980er-Jahre nicht vorauszusagen gewagt hätten. Galten sie damals noch als altbacken und Vertreter einer vergangenen Ära, die schlagartig von Elektronik und Digitalisierung abgelöst wurde, haben sich die edlen Zeitmesser am Handgelenk zu einem Statussymbol gewandelt, das gleichermaßen durch Optik wie durch technische Avantgarde zu überzeugen weiß.
Die großen Namen der Branche sind heutzutage omnipräsent: Ob an den Handgelenken von Hollywood-Schauspielern, als Zeitmesser bei den größten Sportveranstaltungen der Welt, als Unterstützer in Kunst und Kultur, als Partner im Motor- oder Segelsport oder sogar im Weltraum – allerorten finden sich die Erzeugnisse und Signets der großen Uhrenmanufakturen, von denen der Großteil nach wie vor in der Schweiz, der Wiege der Uhrmacherei, angesiedelt sind.
Alte, ehrwürdige Namen sind wie der Phoenix aus der Asche der „Quarzkrise“ wiederauferstanden, und neue Protagonisten bereicherten die Uhrenindustrie mit eigenwilligen Ideen und Kreationen. Mit dem Aufkommen der Quarztechnologie ab 1969 waren Armbanduhren für jedermann erschwinglich geworden, viele alte Uhrenmarken verschwanden und gerieten in Vergessenheit – nur, um seit Beginn der 1980er-Jahre ein unvergleichliches Comeback zu feiern.
Die meisten dieser Manufakturen gehören längst großen Konzernen an, doch es gibt beispielsweise mit Rolex und Patek Philippe prominente Vertreter, die sich auch in Zeiten der Globalisierung ihre Unabhängigkeit bewahrt haben. Die Manufakturen sind in ihrer Geschichte und ihrem Charakter so unterschiedlich wie die Zeitmesser, die sie fertigen.
In diesem Buch möchten wir Ihnen einen ersten Einblick in diese faszinierende Welt der mechanischen Armbanduhren geben. Wir stellen Ihnen die zwanzig wichtigsten Manufakturen vor, beleuchten schlaglichtartig ihre Historie, berichten von Aufstieg, Niedergang und Wiedergeburt eines traditionsreichen Handwerks und lernen die Macher von damals und heute kennen. Daneben stellen wir Ihnen jeweils eine Auswahl an Modellen vor, die einen ersten Einblick in die historische und aktuelle Modellvielfalt der begehrtesten Uhrenmarken der Welt bieten.
Natürlich gebietet es der Rahmen dieser Publikation, sich dabei auf eine überschaubare Anzahl an Highlights zu beschränken – weitere und vertiefende Informationen zu Manufakturen und Modellen finden Sie in weiteren Publikationen des HEEL Verlags, wie zum Beispiel dem Armbanduhren Katalog.
Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre!
Lange & Söhne hat in den vergangenen beiden Jahrzehnten Geschichte geschrieben wie keine andere deutsche Uhrenmarke: Sächsische Geschichte, deutsch-deutsche Geschichte, Wirtschaftsgeschichte und nicht zuletzt Uhrengeschichte. Indem die Marke aus Glashütte im Erzgebirge an die eigene Tradition anknüpfte, ist das, was in Zeiten des Sozialismus lediglich als nostalgische Erinnerung gelebt wurde, wieder lebendig geworden: Spitzenuhrmacherei aus Sachsen.
Ohne die Pionierleistung von Firmengründer Ferdinand Adolph Lange hätte sich die Stadt Glashütte, die untrennbar mit A. Lange & Söhne verbunden ist, niemals zum Zentrum feiner deutscher Uhrmacherei entwickelt, denn neben dem global bekannten Nachfolgeunternehmen seines Urenkels Walter Lange würde es auch die anderen dort beheimateten Uhrenhersteller heute nicht geben.
Gleichermaßen Anspruch und Ansporn stellt für A. Lange & Söhne die Prämisse dar, ausschließlich mechanische Manufakturkaliber in ihren Armbanduhren zu verbauen, die den höchsten Glashütter Qualitätskriterien genügen – und damit in der Hohen Uhrmacherei keinen Vergleich zu scheuen brauchen. Neben dem enorm hohen Anteil an Handarbeit, der von den selbst ausgebildeten Uhrmachern in jedes der selbst entwickelten Uhrwerke investiert wird, fasziniert vor allem der Einfallsreichtum der Sachsen, die es immer wieder verstehen, herausragende technische Innovationen mit dem klassisch-sächsischen Stil der mechanischen Uhrmacherei zu verbinden. Beispiele dafür sind Neuentwicklungen wie die Lange Zeitwerk oder die Richard Lange Terraluna.
Die Uhrenmanufaktur A. Lange & Söhne aus dem sächsischen Glashütte beruft sich in ihrem Namen auf ihren Gründervater Ferdinand Adolph Lange, ohne dessen Wirken das Städtchen im Muglitztal niemals die heutige enorme Bedeutung für die Uhrenwelt erlangt hätte.
Ferdinand Adolph Lange war in Dresden beim späteren Hofuhrmacher Johann Christian Friedrich Gutkaes ausgebildet worden und kehrte 1841 nach Jahren der Wanderschaft und Lehre bei den besten Uhrmachern Europas in die Heimat zurück. Bei der sächsischen Regierung warb er dafür, im strukturschwachen und wirtschaftlich am Boden liegenden Erzgebirge eine Taschenuhrfabrikation aufzubauen. Mit der beginnenden Industrialisierung, vor allem dem Ausbau der Eisenbahnstrecken, ergab sich ein erhöhter Bedarf an Präzisionsuhren und Taschenchronometern zur Abgleichung von Fahrplänen. Lange wollte auf diese Art eine ganze Region an dem Aufschwung der mechanischen Uhrmacherei teilhaben lassen, was im sächsischen Innenministerium auf Gegenliebe stieß.
Die Lehrlinge sollten aus der Region stammen und zwölf Uhren pro Woche fertigen können, was auf eine Jahresproduktion von 600 Exemplaren hinauslief. Auch bei der Gehäusefertigung wollte er Unabhängigkeit vom Ausland erlangen. Dies galt ebenfalls für die Werkskonstruktion: Mit der Dreiviertelplatine und dem von Lange entwickelten „Glashütter Ankergang“ schuf er später Voraussetzungen für Taschenuhren, die den Anforderungen einer neuen Zeit gewachsen waren.
Die sächsische Regierung stimmte seinem Vorhaben zu und 1845 wurde die Glashütter Manufaktur „Lange & Cie.“ gegründet. Nach schwierigen Anfangsjahren, in denen kaum die 600 geplanten Uhren realisiert werden konnten, begann der Aufschwung der Stadt: Die ersten Lange-Schüler machten sich bereits 1848 selbstständig und gründeten in und um Glashütte Ateliers und Werkstätten für Zuliefererteile. Neben und mit Lange zusammen waren unter anderem Friedrich August Adolf Schneider, Julius Assmann und auch der bei Gutkaes ausgebildete Carl Moritz Grossmann in Glashütte tätig – legendäre Namen, deren Klang vielen Uhrenfreunden ein Leuchten in die Augen treten lässt.
Richard Lange, erster Sohn des Firmengründers, wurde wie sein Vater zum Uhrmacher ausgebildet und ging danach auf Wanderschaft, um zum Meister seines Fachs zu avancieren. Ferdinand Adolph Lange selbst war von 1848 bis 1866 neben seiner Tätigkeit im Betrieb auch Bürgermeister von Glashütte. 1868 stieg Richard Lange in den Betrieb mit ein und das Unternehmen firmierte fortan unter dem Namen „A. Lange & Söhne“. Der zweite Sohn Emil folgte ihm wenige Jahre später. 1873 wurde das Lange-Stammhaus errichtet, das zugleich als Wohnung der Familie und Werkstatt diente.
Am 3. Dezember 1875 starb Ferdinand Adolph Lange. Die Söhne führten sein Unternehmen gemeinsam fort und knüpften in der Folgezeit nahtlos an das Werk des Vaters an, und 1906 trat mit Otto Lange bereits die dritte Generation in das Unternehmen ein. Auch die weiteren Söhne Rudolf und Gerhard beteiligten sich fortan an der Geschäftsführung. Ab 1919 leiteten die drei Brüder das Unternehmen erfolgreich weiter. Richard Lange entdeckte beispielsweise 1930 eine neue Beryllium-Legierung, die die Eigenschaften von Uhrenfedern verbesserte. Ab 1938 wurde die neue Uhrwerksfamilie 48 produziert, die in den Kriegsjahren in den Flieger- und Marine-Beobachtungsuhren der Deutschen Wehrmacht zum Einsatz kam.
Am 8. Mai 1945, am Tag der Deutschen Kapitulation, zerstörte ein Bombenangriff das Hauptproduktionsgebäude der Firma. 1948 wurde das Firmeneigentum beschlagnahmt und die Familie enteignet. Das Unternehmen wurde in den volkseigenen Betrieb „Mechanik Lange & Söhne VEB“ umbenannt, ging aber 1951 schließlich im Kombinat „Glashütter Uhrenbetriebe“ auf, welches bis zum Mauerfall bestand.
Der 1924 geborene und vor dem Krieg in Glashütte als Uhrmacher ausgebildete Walter Lange, Urenkel von Ferdinand Adolph Lange, ergriff nach der Wende die Chance, das Familienunternehmen neu erstehen zu lassen. Am 7. Dezember 1990, genau 145 Jahre nach der Firmengründung durch seinen Urgroßvater, meldete er die Firma „Lange Uhren GmbH“ in Glashütte neu an und ließ den Markennamen „A. Lange & Söhne“ weltweit rechtlich schützen. Dies markierte den Startpunkt für eine neue Ära in der Firmengeschichte.
Im Oktober 1994 präsentierte die zurückgekehrte Marke ihre Startkollektion der Neuzeit: „Lange 1“, „Arkade“, „Saxonia“ und das Tourbillon „Pour le Mérite“. 1995 wurde Walter Lange zum Ehrenbürger der Stadt Glashütte ernannt. Zusammen mit Geschäftsführer Günter Blümlein führte er die Marke wieder in die Spitzengruppe der weltweiten Uhrmacherei, weltweites Ansehen und Produktionszahlen stiegen stetig an. 1998 wurde folgerichtig die zweite Produktionsstätte in Glashütte eingeweiht. Zwei Jahre später wurde A. Lange & Söhne Teil der Richemont Luxury Group, einem der größten Luxusgüterkonzerne der Welt.
Das neue Jahrtausend brachte weitere Produktionsausweitungen und globalen Erfolg: 2001 ging das renovierte Lange-Stammhaus in Glashütte wieder als Produktionsstätte und Schulungszentrum in Betrieb. Zwei Jahre später folgte zudem ein neues „Technologiezentrum“, das fortan unter anderem die Spiralenfertigung beherbergte. Am Dresdner Neumarkt eröffnete 2007 die erste „A. Lange & Söhne“-Markenboutique. Zwei weitere entstanden in Shanghai und Tokio. Im Jahr 2013 schließlich wurde der Grundstein für eine erneute Erweiterung der Manufaktur in Glashütte gelegt. Das Gebäude soll im Jahr 2015 weitere Werkstätten für Uhrmacher und Graveure beherbergen.
Klassische Herrenuhr mit Handaufzug und Kleiner Sekunde. Das Tonneau-Gehäuse und die Art-Decó-Zeiger spiegeln den typischen Stil der 1920er-Jahre wieder. Interessanterweise trägt diese Uhr den Aufdruck „A. Lange & Söhne Genf“.
Elegante Herrenuhr mit Handaufzugswerk, das mit Rhodinierung und Streifenschliff veredelt ist. Dieses Vorkriegsmodell dokumentiert die Fokussierung auf schlichte Uhren im Goldgehäuse, die wenige Jahre später durch den Schwerpunkt auf Flieger- und Beobachtungsuhren abgelöst wurde.
Neben der Belieferung der Wehrmacht und Luftwaffe wurden auch die Kampfverbände der SS mit Armbanduhren ausgestattet. Dieser Prototyp verfügt über ein Silbergehäuse in 65 Millimetern Übergröße mit spiegelverkehrten Sekundenziffern, die notwendig waren, um die Uhr zusammen mit der Visiereinrichtung eines Spiegelsextanten zu nutzen.
Eine klassische Fliegeruhr mit Stunden- und Sekundenmarkierung und griffiger Zwiebelkrone. Mit dem extralangen Band sowie der guten Ablesbarkeit durch das übergroße Gehäuse und den mit Leuchtmasse belegten Ziffern konnten diese Uhren über der Jacke getragen werden.
Der große Klassiker der jüngeren Markengeschichte und gleichzeitig das Gesicht von A. Lange & Söhne hat auch über zwei Jahrzehnte hinweg nichts von seiner Faszination verloren. Neben der hier gezeigten Version (38 mm) gibt es auch eine größere Variante mit rund 41 Millimetern Gehäusedurchmesser.
Die Zeitzonen-Variante der Lange 1 bietet neben der Darstellung von Stunden, Minuten und Sekunden die Anzeige einer zweiten Zeitzone, für beide Zonen jeweils eine Tag- und Nachtindikation sowie darüber hinaus eine Gangreservanzeige und das für die Lange 1 typische Großdatum.
Bereits 1999 reüssierte A. Lange & Söhne mit einem eigenen Chronographen. Dabei greift der klassisch orientierte Zeitmesser auf die Säulenrad-Technik zurück, die bei der Steuerung der Chronographenfunktionen als aufwändigste Variante gilt. 2012 erfolgte die Variante „Auf/Ab“ mit Gangreserveanzeige.
Die Prinzipien einer hochwertigen mechanischen Uhr mit einer modernen Zeitanzeige zu verknüpfen war die Zielstellung bei der Entwicklung der Zeitwerk. Die 2010 präsentierte Uhr vereint diese beiden Elemente mit ihrer Darstellung der Uhrzeit mit „digitalen“ Scheibenanzeigen sowie den schlanken Zeigern für die Kleine Sekunde und die Gangreserveanzeige vortrefflich.
2005 verdeutlichte man bei A. Lange & Söhne mit einem Paukenschlag die geballte uhrmacherische Kompetenz: Der Tourbograph „Pour le Mérite“ („mit höchster Auszeichnung“) vereint Minutentourbillon, Rattrapante-Chronograph sowie einen Antrieb über Kette und Schnecke miteinander.
Die Uhr trägt ihre Kerneigenschaft im Namen: Einen ganzen Monat lang, also 31 Tage, reicht die Gangreserve des Handaufzugmodells aus. So lange hat man also Zeit, bis man die Uhr wieder aufziehen muss.
Die Grande Complication strotzt mit einer Vielzahl feinmechanischer Komplikationen, die eindrucksvoll unter Beweis stellen, zu was die Manufaktur aus Glashütte in der Lage ist. Bis zum Jahr 2020 sollen nur sechs Exemplare der hochkomplizierten Uhr gebaut werden.
Ein Tourbillon, Ausdruck höchster Expertise innerhalb der Hohen Uhrmacherei, ziert Werk und Zifferblatt der 1815. Innerhalb einer Minute vollführt die in einem Käfig angesiedelte Unruh eine Bewegung um sich selbst und sorgt somit für größtmögliche Ganggenauigkeit.
Die Saxonia stellt das Einstiegsmodell von A. Lange & Söhne dar. Neben den flachen Handaufzugsuhren ist auch ein Automatikmodell erhältlich, das zusätzlich mit einer Großdatumsanzeige und einer Kleinen Sekunde ausgestattet ist.
Klassisch, schlicht, elegant – dies sind die Vorzüge, die Uhrenkäufer seit jeher schätzen. Mehr als die Anzeige der Uhrzeit – in diesem Fall ergänzt um die Kleine Sekunde – benötigt es nicht. Wenn das Ganze in einem derartig schicken Rotgoldgehäuse untergebracht ist, umso weniger.
Kaum eine andere der Top-Manufakturen innerhalb der mechanischen Uhrmacherei wird so sehr mit einem Modell verbunden wie die Schweizer Traditionsmarke Audemars Piguet: Seit 1972 ist die Royal Oak das Aushängeschild der Manufaktur. Dabei ist sie in einer Zeit entstanden, als mechanische Zeitmesser auf dem absteigenden Ast waren, galten sie doch in Anbetracht der billig verfügbaren Quarzuhren aus Fernost bald als zu teuer und darüber hinaus ziemlich altmodisch.
Doch die Royal Oak überdauerte – ebenso wie Audemars Piguet – die Quarzkrise, so dass die sportliche Uhr 2012 bereits ihren vierzigsten Geburtstag begehen konnte. Über die Jahre wurde sie zwar mit zahlreichen Komplikationen ausgestattet und in nahezu allen in der Uhrmacherei gängigen Gehäusematerialien angeboten, doch die schlichte Zwei- oder Dreizeigervariante mit ihrer oktagonalen Lünette und den so charakteristischen Schrauben hat der Zeit getrotzt als seien nicht Jahre, sondern nur vierzig Tage vergangen. Es gehört zum größten Verdienst ihres Erschaffers Gérald Genta, der ebenso die nicht minder eindrucksvolle Nautilus von Patek Philippe entwarf, eine derart stilprägende Armbanduhr geschaffen zu haben.
Doch man würde Audemars Piguet Unrecht tun, wenn man die Manufaktur lediglich auf ihr erfolgreichstes Modell reduzieren würde. Flache Automatikwerke, die technisch wie optisch gleichermaßen anspruchsvollen Uhren der Millenary-Serie sowie die Entwicklung einer eigenen, hochfrequenten Uhrwerkshemmung stellen nur einige Glanzpunkte in der jüngeren Firmengeschichte dar. Von der schlichten Herrenuhr mit dezentem Auftritt über edelsteinbesetzte Damenuhren und robust-sportliche Modelle mit gewagtem Materialmix bis hin zu hochkomplizierten Zeitmessern, die die Grenzen der Technik ausloten, hat Audemars Piguet im fortschreitenden 21. Jahrhundert alles zu bieten.
Audemars Piguet ist die einzige traditionsreiche Schweizer Uhrenmanufaktur, die auf eine kontinuierliche Geschichte zurückblicken kann und sich noch immer im Besitz der Nachfahren der Gründerväter befindet. Jules-Louis Audemars und Edward-Auguste Piguet stammten beide aus Uhrmacherfamilien und waren von Kindesbeinen an miteinander befreundet. Gemeinsam absolvierten sie wie ihre Väter eine Ausbildung zum Uhrmacher und erlangten bald die Meisterschaft in dem edlen Handwerk.
Im Jahr 1875 eröffnete Audemars in Le Brassus seine eigene Werkstatt im Haus seiner Eltern, in der er sich von Anfang an auf die Herstellung von komplizierten Uhrwerken höchster Qualität spezialisierte. Diese wird allgemein als das Gründungsdatum der Manufaktur angesehen, obwohl er erst später seinen Freund Edward Piguet als Uhrmacher einstellte, um die rasch wachsende Nachfrage von Genfer Uhrenmanufakturen bedienen zu können.
Gemeinsam gründeten sie erst 1881 die Firma Audemars, Piguet & Compagnie. Ab diesem Zeitpunkt konzentrierten sich die beiden Uhrmacher auf die Fertigung hochwertiger Taschenuhren unter ihrem eigenen Namen, anstatt weiter Uhrwerke und Teile für andere Marken zu produzieren. 1889 stellte einen ersten Höhepunkt in der jungen Firmengeschichte dar: Es wurde nicht nur die erste Filiale in Genf eröffnet, darüber hinaus erlangte ihre auf der Weltausstellung in Paris vorgeführte „Grande Complication“ enorme Aufmerksamkeit. In der Taschenuhr waren nicht weniger als ein Chronograph, ein Ewiger Kalender und eine Minutenrepetition miteinander vereinigt worden.
Vor allem die Minutenrepetition blieb prägend für die Marke, denn 1892 reüssierte eine solche in der ersten Armbanduhr für Damen mit der akustischen Komplikation, die für Louis Brandt & Frères, die später unter dem Namen Omega bekannt sein sollten, hergestellt wurde.
Das kleine Atelier im elterlichen Haus stieß allerdings schnell an seine Grenzen, so dass man im Jahr 1907 eine neue Fabrikationsstätte errichtete. Mit dieser Fabrik entstand das Stammhaus von Audemars Piguet, das zwar bis heute immer wieder erweitert wurde, allerdings auch im 21. Jahrhundert noch den Firmensitz und zentralen Identifikationsort der Manufaktur darstellt.
Nach dem Ersten Weltkrieg übernahmen die Söhne der Gründer, Paul-Louis Audemars und Paul-Edward Piguet die Firma, die rund ein Jahrzehnt später vor einer ersten ernsthaften Bewährungsprobe für die Firma standen: Die Weltwirtschaftskrise vernichtete Arbeit und Kapital, und Audemars Piguet gerieten an den Rand des Konkurses. Durch die wiederaufgenommene Herstellung für Fremdmarken sowie die Abkehr der reinen Produktion von hochpreisigen Armbanduhren konnte allerdings die Trendwende geschafft werden. In den 1930er-Jahren knüpfte man mit modernen, anspruchsvollen Herrenuhren an die besten Zeiten der Firma an. Elegante Herrenuhren mit drei Zeigern sowie funktionelle Chronographen dominierten die Kollektion, allerdings wurden auch Komplikationen wie ewige Kalender und experimentelle Zeitmesser mit digitaler Zeitanzeige durch rotierende Scheiben entwickelt.
In der Nachkriegszeit hingegen wurden die Grundlagen für das später folgende Wachstum und den anhaltenden Erfolg der Marke geschaffen: Ultraflache Handaufzugs- und Automatikkaliber, die sich noch heute in der Kollektion finden (etwa in der Jules Audemars) und schließlich die wohl wichtigste Entwicklung in der zu diesem Zeitpunkt fast 100-jährigen Firmengeschichte: Die 1972 lancierte Royal Oak, eine für die damalige Zeit rasant gestaltete Sportuhr, die allerdings zu Beginn äußerst kritisch aufgenommen wurde. 1986 folgte mit dem ersten Tourbillon mit einem mechanischen Aufzug ein weiterer Meilenstein, zu einer Zeit, als man noch nicht absehen konnte, wie rasant sich die mechanische Uhrmacherei in der Folgezeit entwickeln würde.