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HOLY SMOKE BBQ

KEIN RAUCH OHNE FLEISCH

JOHAN FRITZELL & JOHAN ÅKERBERG

FOTO: DAVID BACK

HEEL Verlag GmbH

Gut Pottscheidt

53639 Königswinter

Tel.: 02223 9230-0

Fax: 02223 9230-13

E-Mail: info@heel-verlag.de

www.heel-verlag.de

© der deutschen Ausgabe: 2018 HEEL Verlag GmbH

© der Originalausgabe 2017: Johan Fritzell, Johan Åkerberg und David Back

Verlag Natur & Kultur, Stockholm

Originaltitel: Holy Smoke BBQ

www.nok.se

info@nok.se

Original-ISBN 978-91-27-15049-2

Fotos: David Back

Mit Ausnahme von: S. 9 Stuart McSpadden, S. 47 Paul Almira, S. 67 Robert Jacob Lerma, S. 10, 14, 15, 23, 181, 196, 197, 202, 209, 212, 213, 214, 215 Johan Fritzell, Vor- und Nachsatz Getty Images.

Vorwort: Daniel Vaughn

Text BBQ Community: Åke Högman

Covergestaltung: Björn Borgcrantz

Layout: Conny Lindström

Lektorat: Henrik Francke

Repro: JK Morris Production, Värnamo

Deutsche Ausgabe:

Übersetzung aus dem Schwedischen: Heike Merklein, Berlin

Satz: Chrissi Mertens

Lektorat: Christine Birnbaum

Alle Rechte, auch die des Nachdrucks, der Wiedergabe in jeder Form und der Übersetzung in andere Sprachen, behält sich der Herausgeber vor. Es ist ohne schriftliche Genehmigung des Verlags nicht erlaubt, das Buch und Teile daraus auf fotomechanischem Weg zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer bzw. mechanischer Systeme zu speichern, systematisch auszuwerten oder zu verbreiten.

Dieses Buch und die darin enthaltenen Rezepte wurden nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Weder der Verlag noch die Autoren tragen die Verantwortung für ungewollte Reaktionen oder Beeinträchtigungen, die aus der Verarbeitung der Zutaten entstehen.

– Alle Rechte vorbehalten –

Printed in Slovenia

978-3-95843-637-4

eISBN: 978-3-95843-731-9

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VORWORT

KEIN RAUCH OHNE FLEISCH

BBQ BASICS

WAHL DES SMOKERS

HOLZ, FEUER UND RAUCH

FLEISCH

WARENKUNDE, REZEPTE & ZUBEREITUNGEN

RIND

SCHWEIN

WÜRSTE

GEFLÜGEL & LAMM

FISCH, MEERESFRÜCHTE & GEMÜSE

BBQ LEFTOVERS – DIE RESTE DES BBQS PIMPEN

BEILAGEN

SAUCEN, MAYOS, RUBS & GLAZES

SNACKS & DRINKS

SÜSSE SACHEN

BBQ COMMUNITY

ROAD TRIPPIN’

UNITED STATES OF BBQ

REGISTER

VORWORT

– VON DANIEL VAUGHN, BARBECUE-REDAKTEUR DER TEXAS MONTHLY –

Barbecue ist eine Gruppenaktivität. Heute verwenden wir den Begriff für die Bezeichnung des aus der Ehe zwischen Fleisch und Feuer geborenen Kindes. Allzu oft begrenzen wir die Bedeutung auf eine spezielle Zubereitungsmethode, aber ursprünglich war Barbecue, insbesondere in den Südstaaten der USA, ein Event. Ein „Barbecue“” bedeutete nicht, dass man Fleisch aß. Es war das Ereignis an sich, das Fest, das die Menschen in einer Gemeinschaft zusammenführte.

Lange, bevor beim BBQ gesmoktes Fleisch eine Handelsware war, wurde es in Texas gratis verschenkt. Farmer und Viehzüchter spendeten Tiere, die geschlachtet und auf den großartigen Barbecue-Festen des 19. Jahrhunderts im Ganzen zubereitet wurden. Auf der Speisekarte standen auch eher große Stücke vom Rindern oder ganze Schweine als Brisket und Ribs, und sogar Lamm und Ziege waren absolut üblich. Es gab keine Vorschriften über Saucen bzw. darüber, welches Tier zu nehmen sei – solange es über einem Feuer zubereitet wurde, war es bei einem Barbecue willkommen. Während das Fleisch stundenlang – mitunter die ganze Nacht über – zubereitet wurde, konnte jeder kommen und gratis essen. Die ganze Community tauchte auf, um sich Teller und Magen zu füllen.

Natürlich machte das auch viel Arbeit, und selbst heute ist es immer noch eine Herausforderung, Pitmaster zu sein. Aber in den guten alten Zeiten in Texas ein Barbecue auszurichten hieß, einen Graben von der Länge eines Busses auszuheben, ausreichend Holz und Reisig zusammenzutragen und ihn zu füllen. Nachdem das Feuer angezündet war, brannte das Holz über Nacht zu glühender Kohle und über der Glut wurden gevierteilte Kälber oder ganze Schweine zum Grillen auf Stahlstangen oder jungen Bäumen aufgespießt. Das Tier zu übergießen und zu drehen und dabei auf das Feuer zu achten, konnte gut und gerne einen ganzen Tag dauern. Kurz gesagt, das war kein kleines intimes Essen, das man schnell mal so machte, sondern man musste die ganze verdammte Stadt einladen.

Heutzutage wird Barbecue eingeschränkter verstanden. Von Pitmastern in North und South Carolina erwartet man heute, Schwein serviert zu bekommen, der Westernstaat Kentucky ist ein Eldorado für Lammfleisch und Texas ist berühmt für sein Rindfleisch-Barbecue. Dogmatische Barbecue-Fans bestanden jahrzehntelang darauf, diese heiligen geografischen Fleischgrenzen aufrechtzuerhalten, ansonsten wäre der gute Glaube an den Barbecue-Standort erschüttert. Glücklicherweise sind die Regeln lockerer geworden und ein gutes Barbecue weiß man im ganzen Land zu schätzen, egal welches Tier auf der Speisekarte steht.

Wir mögen also in Texas auch weiterhin ein ordentliches Stück fettes Brisket nur mit Salz und Pfeffer gewürzt und brauchen keine BBQ-Sauce für unser Fleisch (Dill-Gewürzgurken als Beilage sind wichtiger), dennoch wissen wir ein gutes Saucenrezept zu schätzen. Riesige Beef Ribs könnte man für Texas typisch nennen, zumal die Texaner ja den Ruf haben, alles zu lieben, was groß ist, aber wir mögen eben auch Schweinerippchen und sogar das eine oder andere vom Lamm.

Hausgemachte Wurst ist in der texanischen Barbecue-Kultur ein Symbol der Handwerkstradition, wir lieben also unsere zusammengebundenen Wurstketten. Das Allerwichtigste ist: Ein echtes Texanisches Barbecue wird über Rauch aus hartem Holz zubereitet. Das ist das Mantra, durch das Texas-Style-Barbecue sowohl im Bundesstaat selbst als auch außerhalb Berühmtheit erlangt hat. Die Veränderung in der amerikanischen Barbecue-Kultur ging rasant vonstatten. Noch vor zehn Jahren war es fast unmöglich, auch nur ein halbwegs gutes Barbecue-Restaurant in Städten außerhalb des Barbecue-Gürtels der Südstaaten zu finden. Natürlich gab es einige wenige Ausnahmen – wie Chicago mit seinen Ribs und herzhaften Würsten oder die dicken Steaks in Santa Maria, Kalifornien – aber zur damaligen Zeit ein gutes Brisket in New York oder Short Ribs in Seattle zu kriegen – viel Glück. Heute dagegen fragt man sich, ob es überhaupt noch irgendeine amerikanische Stadt gibt, die keine gute BBQ-Bude hat. Pitmaster von der Ost- bis zur Westküste, die um die Bedeutung des geduldigen Zubereitens über alle Arten von Holz wissen, haben bei eingefleischten Südstaatlern, die dem Handwerk huldigen, Respekt erworben, sogar bei Gastrokritikern aus Texas, wie ich es einer bin.

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Ich schreibe für die Zeitung Texas Monthly über Barbecue und verdiene damit mein Geld. Wir geben monatlich ein Hochglanzmagazin heraus, aber um die beliebteste Ausgabe zusammenzustellen, braucht es schon etwas länger. In der heutigen Zeit, in der gefühlt jede Woche Top-10-Listen zum Thema Barbecue erscheinen, fahren die Redaktion und ich jede Woche Hunderte von Kilometern durch ganz Texas, um die besten Barbecue-Restaurants im ganzen Bundesstaat zu finden. Die Ergebnisse werden alle vier Jahre in der heiß ersehnten Liste Texas Monthly Top 50 BBQ Joints veröffentlicht. Ohne übertreiben zu wollen, möchte ich behaupten, dass diese Liste das Evangelium für alle ist, die im gesamten Bundesstaat fantastisches Barbecue essen wollen. Sie ist eine unschätzbare Informationsquelle sowohl für Texaner als auch für Touristen, und deshalb verwenden Besucher aus anderen Bundesstaaten und sogar aus anderen Ländern unsere Liste für die Planung ihrer Entdeckungsreisen.

Ich freue mich über die zunehmende Aufmerksamkeit, die Texas Barbecue in letzter Zeit genießt. Leute aus aller Welt, die ernsthaft Barbecue betreiben wollen, scheinen nach Texas zu kommen, und viele fragen mich um Rat. So habe ich auch Johan und Johan von Holy Smoke BBQ kennengelernt. Als sie auf einem ihrer BBQ-Researchtrips in Amerika unterwegs waren, aßen wir Brisket und Wurst im Lockhart Smokehouse in Dallas, und sie erzählten mir damals von ihrem Projekt in Schweden. Die Idee klang witzig, aber ich war mir nicht sicher, wie ernsthaft ihre Pläne waren. Ich habe schon zu viele wohlmeinende Barbecue-Enthusiasten getroffen, die dann nach Europa zurückgekehrt sind und sich statt eines richtigen holzgefeuerten Smokers für die Anschaffung eines elektrischen entschieden haben. Es sollte sich jedoch zeigen, dass Johan und Johan anders waren.

Angelockt von der Aussicht auf Aquavit in unbegrenzten Mengen und eingelegten Heringen reiste ich nach Nyhamnsläge in Skåne zur Verkostung von Holy Smoke BBQ. Die von treuen Fans hochgeladenen Bilder sahen vielversprechend aus, aber was wussten Schweden schon von Smokern, Briskets und Ribs?

Die Einsatzbereitschaft und der Respekt, den Holy Smoke BBQ dem Barbecue-Handwerk zollte, gaben zumindest Hoffnung. Unser beliebtestes Essen so hochachtungsvoll interpretiert zu sehen, machte mich stolz auf Johan und Johan und mit Freude sah ich das ständig steigende Ansehen, das Texas-Barbecue genießt. Es sei hier betont, dass sich der Eindruck, den Holy Smoke BBQ hinterließ, sich nicht nur auf das bezieht, was auf dem Teller lag. Ich besuchte auch einen ihrer Vorträge, bei dem das amerikanische und vor allem das texanischen Barbecue-Evangelium vor wissbegierigen Pitmastern aus ganz Europa gepredigt wurde, um die weitere Verbreitung dieser Zubereitungsart weltweit zu gewährleisten.

Das Barbecue, das bei Holy Smoke serviert wird, ist fantastisch, aber am beeindruckendsten war, wie dort eine ganze Gemeinschaft entstanden ist. Besucher aus ganz Europa genießen zusammen herrliche Beef Ribs und saftige Würste an endlos langen Tischen. Die Kinder sammeln sich um ein großes Feuer und grillen Marshmallows, nachdem sie ihre Ribs und Briskets aufgegessen haben. Das Bier, die Musik und die Abgeschiedenheit des Ortes fördern das Miteinander. Holy Smoke BBQ ist nicht nur ein gutes Restaurant, es ist ein Sammelplatz für Barbecue-Liebhaber und ein wichtiger Teil einer viel größeren Barbecue-Familie.

„LEUTE AUS ALLER WELT, DIE ERNSTHAFT BARBECUE BETREIBEN WOLLEN, SCHEINEN NACH TEXAS ZU KOMMEN, UND VIELE FRAGEN MICH UM RAT.“

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JOHAN ÅKERBERG ist Koch und hat sich völlig dem Rauch verschrieben. Wenn er nicht gerade mit lautem Lachen und lustiger Mütze im Holy Smoke rumhängt und sich dort im Dienst des guten Geschmacks nützlich macht, ist er Vollzeit damit beschäftigt, neue Köstlichkeiten aus seiner Räuchertonne hervorzuzaubern, die er auf seinem Hof im Stadtteil Kungsholmen in Stockholm stehen hat. Er hat Berge von Kochbüchern zu allen möglichen Themen mitverfasst, von Rauch und Würsten bis hin zu Salaten und Muffins. Er liebt Johan Fritzell.

JOHAN FRITZELL gründete Holy Smoke, als er herausgefunden hatte, dass es diese Form von BBQ in Schweden nicht gab. Am Anfang war es seine Idee, für Gleichgesinnte zu kochen, und wie ein Wünschelrutengänger fand er den perfekten Ort dafür: am Krapperups Kyrkoväg in Bräcke im Nordwesten von Skåne. Trotz der abgeschiedenen Lage folgten die Leute seinen Rauchzeichen und fanden bei ihm Bier und texanische Briskets. Das sprach sich herum und seitdem läuft es. Im Sommer stehen die Leute bis zur Straße an, aber stets gut gelaunt und voller Vorfreude. Johan selbst wohnt zusammen mit Anna und den drei Kindern schön und ruhig im fünf Kilometer entfernten Höganäs. Er liebt Johan Åkerberg.

BRÄCKE KULLABYGDEN 9 APRIL 2014

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KEIN RAUCH OHNE FLEISCH

An manchen Tagen im Hochsommer scheint sich die halbe Welt in Bräcke zu treffen, im Holy Smoke im Nordwesten von Skåne. Ich meine damit Menschen aller Couleur. Familien mit Kind und Kegel, Biker und Bürotypen, Krankenschwestern und Maschinisten, Tätowierte und Nicht-Tätowierte (ja, heutzutage lässt sich diese Unterteilung durchaus vornehmen), Alte und Junge, Singles und Paare, Freunde, Verwandte und Teilnehmer von Bachelorpartys.

Und sie kommen in großer Anzahl, an so einem Wochenende können es gut ein paar Tausend Leute sein, die um und im Holy Smoke herumschwirren. Ungefähr genauso viele besuchen das kleine Dorf von Oktober bis März. Die Schlange reicht dann bis raus zur Straße, aber alle warten geduldig, bis sie an der Reihe sind, dann wird BBQ gegessen, Bier getrunken, geredet, gelacht, die Kids grillen Marshmallows über dem offenen Feuer in der Mitte des Hofs, der von schwarzen Containern umringt ist, die als Küche, Geschäft, Bar, Kasse und Lager dienen.

Jedes Wochenende ist wie ein wiederkehrendes Musikfestival, allerdings ohne Liveband. Aber an einigen Abenden im Sommer wird auch aufgespielt, dann geht das Fest bis lang in die Sommernacht und bringt etwas Leben in das kleine Dorf. Das ist auch nötig, denn wie man hier so schön sagt: „Da wo die Straßenlaternen enden, beginnt Bräcke.“

Wusste ich, dass das hier mal so werden würde? Hell no. Am Anfang wusste ich ja nicht einmal, dass es ein Restaurant werden würde. In der Tat tue ich mich nach wie vor schwer damit, Holy Smoke ein Restaurant zu nennen.

Alles begann vor Jahren mit endlosem, intensivem Grillen von Kamm- und Lendenstücken auf Bullet Smokern zu Hause im Garten. Dann ergab sich die Gelegenheit, in die USA zu reisen, aber diesmal nicht auf irgendeine Standardtour nach NYC oder Florida, sondern auf meine erste Meatcruise nach Texas.

Dort gab es dann jede Menge Beef, insbesondere Brisket und Short Ribs, Fleisch, das zu der Zeit damals in Schweden nicht zu kriegen war. Ich erinnere mich noch heute an den Moment, als ich meinen ersten Bissen Brisket zu mir nahm – ich aß BBQ-Brisket. Wow! Darauf folgten einige Wochen Essen in allen möglichen Buden im mittleren Texas.

Da beschloss ich, dass es auch in Schweden möglich sein muss, amerikanisches Prime Brisket zu kaufen. Diese Ungerechtigkeit musste beseitigt werden.

Das war leichter gesagt als getan, aber nach meiner Rückkehr fing ich an, die Leute zuzutexten und ein paar Monate später war ein Lieferant gefunden und eine Kiste unterwegs von Creekstone Farms in Arkansas City.

Ich fühlte mich wie ein richtiger Gewinner, als ich die Kiste feierlich öffnete. Wäre Publikum da gewesen, wäre sicherlich ein Raunen zu hören gewesen – zwei Prime Briskets!

Ich muss wohl nicht betonen, dass die ersten Versuche eher mäßig waren. Aber es kamen mehr Kisten aus Arkansas City und das Ergebnis wurde langsam besser.

Irgendwann damals, während der ersten holprigen Schritte, wurde eine Idee geboren. Ich wusste nicht genau, was passieren musste, aber ich fühlte einen Drang, etwas daraus zu machen. Dazu kam, dass es der Familie mit gerade mal schulpflichtigen Kindern zu viel wurde, sich jedes zweite Wochenende ein ganzes Brisket reinzuziehen.

Die Frage war nur, wie sollte ich das machen … Ich hatte natürlich in sehr jungen Jahren viel in Kneipen gejobbt und Unternehmen geführt seit ich knapp 20 war, aber nie im Restaurantsektor. Nein, ein Restaurant sollte es nicht werden, das war auf jeden Fall klar. Ein bisschen Catering wäre ok und dann den Restaurants zubereitetes BBQ zum Verkauf anbieten – das war mein Plan.

Zu behaupten, dass ich eine Mission hatte, wäre zu viel gesagt, und ganz sicher wäre ich kein guter Pastor, aber diese Freude und der Stolz, die ich in den USA bei den Leuten erlebt hatte, die sich mit BBQ beschäftigen – und nicht zuletzt die wahnsinnig zufriedenen Gesichter derjenigen, die das verspeisten – waren sehr beeindruckend.

Also entschied ich mich. Wie schon gesagt und ich glaube, es stimmt: Möglicherweise war das auch eine Form von Midlife-Krise. Statt eines Sportwagens kaufte ich mir dann also einen richtigen Bad Ass Smoker. Nein, schlimmer noch, ich kaufte zwei. Es wäre falsch zu behaupten, dass es einen astreinen Geschäftsplan gegeben hätte. Das mit dem Kauf der Smoker war ja noch der einfache Teil, denn was danach kommen sollte, war höchst unklar. Wo sollte ich mich niederlassen? Der eigene Garten war keine Alternative mehr. Und als jemand beim Abladen der Smoker vom Container sagte: „So, jetzt bleibt nur noch der Rest zu tun“, war das wie ein Omen.

Das Location-Problem wurde von meinem alten Freund Mats gelöst. Er besuchte seine wunderbaren Eltern Gerd und Carl-Axel in Bräcke und sagte: „Johan wird jetzt hier auf dem Grundstück einen BBQ-Laden aufmachen“, und sie sagten: „Ja, klar!“, und das war´s. Auf deren Grundstück gab es einmal eine Gärtnerei, es ist also ziemlich groß, aber dennoch war es total großzügig von den beiden. I owe them big time still.

Der 9. April 2014 war nicht nur mein Geburtstag, sondern an dem Tag wurden ganz ohne Geschenkpapier die ersten Container aufgestellt, die zusammen mit meinen beiden Smokern den Grundpfeiler bilden sollten für den Aufbau von Holy Smoke.

Warum Container? Es gibt viele gute Gründe dafür: selbsttragende Konstruktion, relativ billig und cooler Look – dass dies in anderer Hinsicht wahnsinnig ist, davon hatte ich keine Ahnung. Und wenn man mal mit zwei schwarz gestrichenen Containern begonnen hat, ist es schwierig, mit roten Gartenhäuschen weiterzumachen. (Als ich zuletzt gezählt habe, hatten wir zwölf Container.)

Schon bald, nachdem ich angefangen hatte, stellte ich fest, dass man viel Zeit hat, wenn man 10–12 Stunden am Fleisch steht und aufpasst, jedenfalls wenn man nicht zu Hause in seinem eigenen Garten, sondern auf einer Wiese in einem Dorf mit vier Häusern steht. Nach und nach kamen Leute vorbei und wunderten sich, was hinter dem schwarzgeriffelten Blech passierte. Die Sache bei BBQ-Fleisch ist, dass es dauert, es muss dauern, sodass ich meist die ganze Zeit dort in Bräcke verbrachte. Die Leute, die zum zweiten und dritten Mal vorbeikamen, waren zum Schluss so neugierig, dass sie Fleisch kaufen wollten. Und ganz plötzlich war wie von selbst die nächste Idee geboren, d. h. die bislang bescheidene Produktion zu erweitern und auch an Privatleute zu verkaufen.

Wäre doch ganz schön, da draußen mitten auf dem Lande einen Ort zu haben, wo man mal schnell vorbeifährt und sich einen Rack Short Ribs oder vielleicht ein Pfund Briskets oder ein paar frisch geräucherte Würste holt. Nun ist BBQ natürlich nicht billig, das Fleisch kostet einiges, bei einigen Stücken kommen enorme Gewichtsverluste während der Verarbeitung hinzu.

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Unsere Vermieter Gerd und Carl-Axel.

Dank ihrer Großzügigkeit gibt es Holy Smoke in Bräcke.

Bei einem Brisket kriegen wir bestenfalls 30 % des ursprünglichen Gewichts bezahlt – teures Fleisch aus einem Container auf einem Feld in The Middle of Nowhere – wie, verdammt noch mal, soll das funktionieren? Vielleicht kommen ja einige Beileidsbesucher, aber wer sonst? Wir brauchten einen USP, wie es im Neudeutschen so schön heißt, einen Unique Selling Point, und den hatten wir ja.

Da lagen frisch geräucherte Briskets und warteten nur darauf, Sandwiches zu werden. Und einmal gekostet, merkt man sofort, das hier ist jeden einzelnen Cent wert, obgleich ziemlich teuer, in einem Container verkauft, auf einem Feld, weit weg von jeglicher Zivilisation und man denkt, so was hier hast du noch nie gegessen.

Im selben Jahr am 18. Juli – es war ein Sonnabend – meldete ich mich bei Facebook an und postete ein Bild, dass man in Bräcke „Genuine Texas Barbecue“ essen könne. Es schien ein bisschen so, als hätte ich Geschichte geschrieben. Ich bekam 23 Likes und so um die 50 Freunde und Bekannte kamen vorbei.

Was dann passiert ist, weiß ich nicht, aber am Wochenende darauf hatten wir über hundert Gäste. Das Essen war schon alle, bevor es überhaupt aus den Smokern kam, es war total verrückt! Das war der Durchbruch, und seitdem läuft der Laden.

Zur Saison 2015 verdoppelten wir die Fläche, denn die Leute schienen wirklich neugierig darauf zu sein, wie Briskets oder Short Ribs auf unsere Art zubereitet schmecken. In den USA liebt man dieses Essen schon seit ewigen Zeiten und offensichtlich liebt man es auch hier in diesem Land. Die Leute haben uns in Bräcke einmal gefunden und sie kommen wieder. Das Ganze ist einfach unglaublich erfolgreich geworden. (Gut, dass das mal gesagt wird!)

Der Erfolg beruht nicht nur auf dem Essen, egal wie sehr man sich das wünschen würde. Ebenso wie bei allen BBQ-Buden in den Staaten ist es auch hier die besondere Atmosphäre. Es fällt mir schwer zu beschreiben, was diese ausmacht, aber ich glaube, es hat was zu tun mit einer Art Urtrieb, der die Menschen ans Feuer zieht und der ursprünglichen Art, Essen zuzubereiten. Einmal hier angekommen, sind alle froh und zufrieden. Die Stimmung ist wie ein Extra Side Dish auf der Karte und gehört immer dazu.

Natürlich ging auch was schief (man höre!), aber das meiste ging gut, wie beispielsweise, dass der wunderbare Johan Åkerberg als Kompagnon einstieg. Als er, der falsche Überläufer, das erste Mal hier auftauchte, schnüffelte er für einen seiner Kunden herum. Aber bald schon war das Eis gebrochen, wenn zwei Typen von gleichem Schrot und Korn sich begegnen. „Es hat gefunkt“, hätte ein Außenstehender gesagt. Åkerberg ist Gourmettitan, Arbeitspferd, Frohnatur, Erfinder und ein wunderbarer Kumpel und das alles in ein und derselben bemützten Person. Selbstverständlich ist er auch Mitverfasser dieses Buches.

Was wir anfangs nicht vorausgesehen hatten, waren die magischen Begegnungen mit all den glücklichen, neugierigen Leuten, die uns alles Mögliche fragten: Wie packt man das an, wie werden die ganzen Sachen zubereitet, wo kauft ihr das Fleisch, welche BBQ-Restaurants sollte man besuchen, wenn man über den großen Teich nach Westen fährt? Wie hat das Ganze begonnen und wohin soll es führen?

Das sind Fragen, die wir versuchen, in diesem Buch zu beantworten. Die einfachste Formel für BBQ lautet: Holz, Feuer, Fleisch und Zeit. Ich hoffe, dass Sie Letztgenanntes verinnerlichen und es Ihnen gelingt, sich während eines langen inspirierenden Augenblicks auf unsere Welt einzulassen. Ja, und nicht vergessen: kein Rauch ohne Fleisch.

// Johan Fritzell

BBQ BASICS

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WAHL DES SMOKERS

Zunächst einmal: Herzlichen Glückwunsch und viel Glück mit dieser leckeren Zubereitungsart, die noch dazu richtig großen Spaß macht. Jetzt liegen viele Stunden, Möglichkeiten und Herausforderungen vor Ihnen, denn Smoken ist ein wirklich tolles Hobby, bei dem sowohl die Hände als auch die Zähne etwas zu tun bekommen. In der Theorie werden nur Holz, Feuer, Fleisch und Zeit gebraucht – aber in der Praxis ist für einen Erfolg auch großes Engagement erforderlich. Wenn Sie richtig in Gang gekommen sind, können Sie sich zurücklehnen und das zahlreiche Lob und das leckere Essen genießen.

Wer uns schon einmal bei Holy Smoke besucht hat, weiß, dass wir mit vielen verschiedenen Smokern arbeiten. Man könnte es auch leicht ironisch als Spieleparadies für Genießer bezeichnen – aber wir lieben ganz einfach Feuer! Alle, die hier waren, riechen ein wenig nach Rauch, wenn sie wieder gehen. Wir betreiben ständig „Forschung & Entwicklung“, d. h. bei unseren Reisen in die USA und in andere Teile der Welt finden wir immer neue Ausrüstungen, die wir mit zurück nach Bräcke nehmen. Bei unseren Reisen hatten wir auch die Möglichkeit, verschiedene BBQ-Restaurants zu besuchen, deren Eigentümer und Pitmaster kennenzulernen und zu erfahren, welcher Smoker wozu wirklich am besten passt. Und natürlich haben wir auch unheimlich viel gelernt.

Eines der fantastischen Dinge in der BBQ-Welt ist, dass alle (jedenfalls alle, die wir getroffen haben) Besucher mit offenen Armen empfangen werden und gerne bereit sind, über ihre Arbeit zu sprechen, womit sie Feuer machen und welche Art von Rauch, Grillgut und Rubs sie verwenden. Man hat in dieser Szene eine offene Einstellung, diskutiert miteinander und lernt voneinander, aber letztendlich ist es schwierig, den Ansatz anderer zu „kopieren“. Jedes Restaurant hat seinen eigenen Geschmack und sein eigenes Lebensgefühl. Auch wir möchten anderen helfen, diese schöne Tradition weiterzuführen und versuchen daher, auf alle Fragen so gut wie möglich zu antworten.